laut.de-Kritik
Der Brite hat mehr zu bieten als einen Adidas-Trailersong.
Review von Martin Leute"If you don't give my football back/I'm gonna get my Dad on you". Diese großartigen Zeilen stammen aus "Eanie Meanie" von dem Briten Jim Noir. Zu hören war und ist dieses Stück als Trailer in dem Adidas-Spot - der in den Halbzeiten jedes WM-Spiels lief - in dem zwei Jungs ihre Fußballteams mit internationalen Stars bestücken und auf einem Hinterhofbolzplatz gegeneinander antreten lassen. Kommerziell ist Jim Noir damit schon der große Wurf gelungen.
Nun erscheint sein Debüt "Tower Of Love", das sich aus drei EPs der letzten zwei Jahre und einigen neuen Songs zusammensetzt, die er alle allein im heimeigenen Studio eingespielt hat. In England hat der junge Singer/Songwriter bereits für Furore gesorgt. Der NME schrieb "Luscious but simple, it's sure to bring a smile on your face ...". In der Tat ist ihm ein unglaublich chilliges Pop-Album gelungen, das mit liebenswerter Heiterkeit nur so um sich wirft.
The Bees, Badly Drawn Boy, The Beta Band, The High Llamas und Mr. Scruff winken als Referenzen, im Hintergrund stehen immer grinsend die Beach Boys. Der erste Song, "My Patch", beginnt mit einem fantastischen Klavier-Intro, in das sich warme, Wilson-inspirierte Gesangsharmonien leichfüßig einfügen, um sich schließlich zur Textzeile "If you ever step on my patch, i will bring you down" aufzuschwingen, unterlegt mit einem dezenten Beat. Herr Noir weiß, was er will. Das sonnige "I Me You I'm Your" ist ein Glanzstück, das mit einem ungemein lockeren Refrain aufwartet. Ähnlich sonnig nimmt das Album seinen Lauf.
"Computer Song", "How To Be Real", "Eanie Meanie" und "Turn Your Frown Into A Smile" sind in melodische Gitarrenakkorde eingebettet. Und immer wieder kommen ganz unaufdringlich verspielt ein Synthesizer, ein Tambourin oder diverse Blasinstrumente zum Einsatz. Unter den insgesamt zwölf Songs befinden außerdem zwei hübsche Instrumentals ("Tower Of Love", "Eanie Meanie 2"), die an die frühen Air erinnern.
Jim Noir beweist auch lyrisch durchaus Humor und postmoderne Intelligenz, wenn er in "I Me You I'M Your" feststelltt: "I am confused, I've got words I'd like to use/ but they've all been said before/ so I'm gonna use them all". Das Album ist dementsprechend durchzogen mit schlichten Textzeilen, hinter denen sich große Gesten verbergen.
Mit "Tower Of Love" legt der 23-jährige Brite ein erstaunlich reifes und charmantes Debüt vor, in dem sich Gesangsharmonien und instrumentale Arrangements, Naivität und Berechnung wunderbar ergänzen. Alles befindet sich am richtigen Platz und strömt unaufgeregt dahin. Sehr schön und absolut hörenswert. Jim Noir hat definitiv mehr zu bieten als einen Adidas-Trailersong.
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