laut.de-Kritik
Pop-Mix aus Orient und Okzident.
Review von David HilzendegenOpernball, Prater, Hundertwasserhaus. Das sind wohl die Schlagworte, die der einfache Bürger mit der österreichischen Landeshauptstadt assoziiert. Von Falco abgesehen wird Wien wohl kaum mit guter Popmusik in Verbindung gebracht. Das sollte sich jetzt ändern, es braut sich etwas zusammen. Besser gesagt: Karuan braut uns etwas zusammen.
Fünf Jahre nach seinem "Dohuki Ballet" bringt der Österreicher mit kurdischen Wurzeln seine zweite Platte "Pop Arif" an den Start. Dabei erinnert nicht nur die Hommage im Plattentitel an Mohammed Arif, den ersten populären kurdischen Künstler, an Karuans Herkunft, auch die Songs sind mit allerlei orientalischen Flöten und sonstigen Sounds aufgepeppt.
Im Gegensatz zum Vorgänger ist "Pop Arif" sehr viel offener und weitreichender, an Karuans höchst eigene Vocalstücke reihen sich diverse Aufnahmen mit Featuregästen, von denen einer besser ins Gesamtkonzept zu passen scheint als der nächste. Eröffnet wird der Reigen von der Wahlwienerin und eigentlich aus Baden-Baden stammenden L'Enfant Terrible, die ihrem Namen so gar keine Ehre machen will.
Engelsgleich gleitet sie zunächst durch die "Circles", bevor sie Oddateee im Refrain seiner "Reflections Of A Poem" unterstützt. Wer braucht da bitte den Zickenterror mit und um Lauryn Hill? Oddateee seinerseits kann sich scheinbar nicht zwischen Spoken Word und Rap entscheiden, weswegen er einfach eine Mischung darbietet und damit genau den Nerv des Beats trifft. Hip Hop mit Dub-Einflüssen und Orientflöten, mein Kopf nickt im Takt, mein gebeuteltes Rap-Herz schlägt höher.
Selbstverständlich will Karuan die Bühne nicht gänzlich seinen Gästen überlassen. Nach dem funkigen "Chocolat Distance (Hypnotized)" und dem rifflastigen "The Holy Is Under The Light" folgt mit der Ballade "Nothing Is Over" ein Stück Groove, das sich gewaschen hat. Eine spärlich eingesetzte Gitarre abermals verbunden mit Flötentönen und diesem Basslauf garantiert Easy Listening-Spaß vom Feinsten.
Dennoch stehen seine Solo-Beiträge den Features nach, wenn auch auf hohem Niveau, was der Titeltrack mit Mara Mastalir einmal mehr beweist. "Pop Arif" ist ein Stück, das ebenso zum Zurücklehnen und Genießen einlädt wie das instrumentale "Trainstation Without Fascists" mit Metin Yilmaz Kendal an der – ja was eigentlich? Mandoline? Sitar? Laute? - wie auch immer, es ist auf jeden Fall ungeheuer entspannt. Die Herkunft aus der heimlichen Downbeat-Hauptstadt und Heimat von Kruder & Dorfmeister lässt grüßen.
Eine wirklich feine Mischung aus Orient und Okzident tischt uns Karuan hier auf. Wenn sich Pop aus Wien in Zukunft immer so weltoffen präsentiert, klappts vielleicht auch mal mit der Assoziation.
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