laut.de-Kritik
Da helfen selbst Feuerlöscher nicht mehr.
Review von Dani FrommDass Dancehall aus Berlin einen satten Klang besitzt, hat sich inzwischen auch in die Provinzen herum gesprochen. Kimoes Name ist da bisher zwar noch nicht angekommen. Wer aber mit den Herrschaften von Culcha Candela dicke Freundschaften pflegt und von Acts wie Turbulence und Sean Paul fürs Vorprogramm auserkoren wird, befindet sich beim "Streben Nach Glück" wahrhaft auf einem guten Weg.
Wuchtige Bässe bilden die Basis einer würdigen Einlaufmelodie, der hallende, langgezogene Flötentöne einen orientalischen Anstrich verleihen. Kimoe marschiert darüber hinweg wie ein Boxer in den Ring, um sich zunächst mal selbst amtlich abzufeiern. "Highlights" setzen in der von der Herangehensweise her stark Hip Hop-lastigen Produktion Sirenen, Stimmsamples und Scratches, die DJ Chino beisteuert.
Wie der größte Teil von "Streben Nach Glück" erwuchs dieser Riddim, dessen dickes Basswerk ein geradezu filigraner Überbau überspannt, den Reglern Greg Danielz', Kimoes langjährigen musikalischen Partners. Am Mic lässt sich der Berliner von zahlreichen Gleichgesinnten unterstützen.
Wer internationale "Sternstunden" zelebrieren will, tut recht daran, sich polyglotte Kollegen ins Boot zu holen. El Condorsito und Mal Elevé aus den Reihen der Heidelberger Irie Révoltés erweisen sich mit schnatternden Zeilen auf Spanisch und Französisch als geeignete Wahl. Dazu noch frech Stevie Wonders "Part Time Lover" zitiert, und es kann eigentlich nichts mehr schief gehen.
"Viel Zu Tun" gibt es gemäß der Kollaboration mit dem Schweizer Kollegen Dodo. Die wohl vertraute Schwierigkeit, sich aufzuraffen und die Trägheit zu überwinden, tönt in den etwas zähen Vocals mit. Mit rundem Bass und einer durch den Hintergrund schwirrenden Gitarrenmelodie: ein hörenswertes Stückchen Reggae-Musik.
Darüber hinaus erfreut sich Kimoe des Beistands von Yah Meek, der in das hübsch instrumentierte aber unspektakuläre "Ein Neuer Morgen" seinen Gesang einflicht. Mr. Reedoo und Johnny Stranges unverwechselbares Stimmband-Reibeisen veredeln "Kriegstreiberpolitik".
Ein edles Ansinnen, gegen eben jene aufzustehen. Trotzdem macht die unterstützenswerte Forderung nach Frieden und mehr Geld für Bildung und Soziales einen etwas naiven Eindruck, so als werde im Rahmen einer Miss-Wahl der viel strapazierte Wunsch nach Weltfrieden geäußert.
Dennoch: Besser den Arsch hoch bekommen und Verbesserung angeregt, als die Hände in den Schoß gelegt. In seinen Tiraden gegen Ausverkauf, Geschäftemacherei und Ausbeutung, wie sie beispielsweise in "Maskerade" zu scheinbar harmloser Akustikgitarre vorgetragen werden, ähnelt Kimoe wie auch in der Neigung, tiefgehend Persönliches in seine Lyrics zu packen, einem etablierten Kollegen.
Die eine oder andere Nummer, insbesondere den von Keyboards akzentuierten Love-Tune "Non Plus Ultra" oder das ebenso gefühlsbefrachtete "Liebe Ist ..." hätte ich, wüsste ich es nicht besser, ohne Umstände Nosliw in die Schuhe geschoben. Was ja nun wirklich keine Beleidigung darstellt.
"Frischer Wind" für den Dancehall ist musikalisch mit dem gleichnamigen Tune garantiert. Lyrisch wiederholt hier Kimoe allerdings nicht nur vielfach Gehörtes, sondern sogar sich selbst. Auch der gefühlt tausendste Tune, der sich in Beobachtungen des hottesten Huhns in Aktion auf der Tanzfläche ergeht ("Zu Heiß"), wäre nun wirklich verzichtbar gewesen.
Weit interessanter geraten da der enttäuschte, zornige Seelenstrip in "Keine Rose Ohne Dornen" oder die zähe Unbeugsamkeit in "Die Hoffnung Stirbt Zuletzt". Auch diese Themen kennt man zwar. Ebenso wie sich die Verbitterung aber bei jedem kassierten Tritt wieder frisch wie der junge Morgen anfühlt, können auch ein paar weitere Durchhalteparolen keineswegs schaden.
Den Ritterschlag für den spektakulärsten Tune auf "Streben Nach Glück" erteile ich ohne zu zögern "Alarm". Im steten Wechsel zwischen chillig-fluffigem Gesang, in dem der Text die Musik Lügen straft, und knackig-treibendem Toasting dürfte so ziemlich alles Feuer fangen. Mehr als in einer Richtung täuscht Kimoe hier derbe an. "Wir fackeln den Club jetzt nieder." Kein Zweifel. Feuerlöscher helfen da auch nix mehr.
1 Kommentar
also artikel stimmt auf jeden fall ein abolute geniales album....ob jetzt alarm wirklich der beste track auf der platte is....geschmackssache... aba es gibt eig. kein lied des wirklich schlecht wäre udn wirklich viele "highlights".