laut.de-Kritik
Verführerischer Gesang, famose Arrangements und mehr als Jazz.
Review von Martin LeuteMit einer derart eindringlichen, vollen Stimme gesegnet, verleitet Lizz Wright auch mit ihrem dritten Album "The Orchard" dazu, Vokalistinnen wie Billie Holiday oder Ella Fitzgerald anzuführen, um dieses samtene Organ entsprechend zu würdigen.
Mit "Coming Home" gelingt Miss Wright ein toller Einstieg, wenn sie zur Rhythmusgitarre und eingängigem Schlagzeug den Hörer mit ihrer umarmenden Stimme in einer unaufdringlichen Melodie einhüllt, die sich an den Folk-Klassiker "Poor Wayfaring Stranger" anlehnt. In der dynamischeren R'n'B-Nummer "My Heart" hebt sich der flotte Gesang, wirkungsvoll ergänzt durch einem Backgroundchor.
Melancholisch widmet sie sich zur tragenden Akustikgitarre in "Another Angel" und "Speak Your Heart" dem Thema Liebe, "When" präsentiert sich als dezente Country-Nummer mit Gospelanleihen.
Mit "Leave Me Standing Alone" folgt der wohl stärkste Song. Ein wirkungsvoller Uh Uh Ah-Chor bettet sich in die vorgetragenen eingängigen Strophen, denen dann ein aufbegehrender, ausdrucksstarker Gesang anschließt. Als Songschreiberin glänzt sie ebenso wie als Interpretin fremder Kompositionen.
"Idolize You" von Ike und Tina Turner intoniert sie als lasziven Blues mit spannungsreichem Piano, markantem Bass, schräger Streichereinlage, eingelegt in weiche Keyboardflächen; die Led Zeppelin-Ballade "Thank You" gewinnt sie zur gezupften Akustischen und dem Piano eine einnehmende Intensität ab, ehe Drums und Bläser zum gemeinsamen Finale ansetzen. Im sentimentalen, von Patsy Cline bekannt gemachten "Strange" kommt ihr Gesang im sanft verschwommenen Ambiente wunderbar zur Geltung.
Zeitgenössische Kolleginnen wie Norah Jones, Madeleine Peyroux oder Cassandra Wilson lassen sich als lose Referenzgrößen ins Feld führen, zumal allen eine Nähe zum Jazz zu eigen ist, jeweils garniert mit individuellen Vorlieben und Fähigkeiten.
Lizz Wright tummelt sich mit ihren Kompositionen vorwiegend im Grenzbereich zwischen Jazz, Gospel, Rhythm'n'Blues und Country. Dort platziert sie sich mit ihren Kompositionen enorm entspannt und verführerisch mit einer großartigen Band im Rücken, deren feinfühlige Instrumentierung wunderbar mit dem famosen Gesang harmoniert. Die Calexico-Mannen Joey Burns und John Convertino sind ebenso beteiligt wie der Gitarrist Larry Campbell.
Auf ein Genre lässt sich die gesanglich im Gospel geschulte Lizz Wright nicht festlegen, aber immer trägt sie diese Erhabenheit und Spiritualität in ihre geschmeidigen Lieder, die in diesem genreübergreifenden Kontext die Besonderheit darstellen und "The Orchard" nicht nur für Jazzfreunde zu einer emotionalen und langlebigen Angelegenheit machen.
4 Kommentare
Eigentlich hatte ich den Namen "Kai K." unter der Rezension erwartet.
Aber andere "Leute" sollen gerne auch dürfen, das Album jedenfalls ist spannend, schön, teuflich verführerisch. Ich wäre geneigt, den 5. Balken noch draufzupacken. Lizz Wright wird über kurz oder lang viele aus ihrer Liga einige Meter hinter sich lassen.
Hey Jan, ja ich habe auch ein Kai K. unter der Rezi erwartet
Rezi-Zeit für Kai kommt ab jetzt. Heute ist Asa online gegangen und im Lauf der nächsten Woche kommt noch JBBG. Beides Alben, die ich dir sehr gerne ans Herz legen würde und mich auf deine Meinung diesbezüglich freue...
kai
ey, mach das nicht fett, das ist voll boulevard!
Ein weiteres sehr schönes Werk .
Thank You ist von Led Zep? Riesig auf "The Orchard", das ist klar.