laut.de-Biographie
MOK
"Jeder kennt MOK, doch keiner seine Musik", tönt Farid Bang auf "Asozialer Marokkaner". Während der Angesprochene kaum noch musikalische Lebenszeichen von sich gibt, schlägt der Rapper selbst 2021 weiterhin verbal auf seinen Lieblingsfeind ein. Einerseits mag es unfair wirken, dass der Düsseldorfer stetig nach unten tritt, andererseits hat der Kontrahent aus der Hauptstadt nahezu seine gesamte Laufbahn auf Attacken an die Konkurrenz gestützt. MOK arbeitet sich über Jahre an MOR, Kool Savas, Bushido, Eko Fresh, Azad, Fler, Fard, D-Irie und natürlich Farid Bang ab.
Tarkan Karaalio?lu wird im September 1976 im Berliner Bezirk Neukölln geboren. Er besucht die deutschlandweit berüchtigte Rütlischule und erlebt seine Kindheit auch sonst nicht sonderlich rosig, wie er rap.de rückblickend berichtet: "Ich habe damals zu Hause nicht gerade die Liebe erfahren, die man vielleicht als Jugendlicher braucht. Ich habe auf der Straße rumgehangen und Maxim kennengelernt. Der hat mich mit allen Elementen des Hip Hop in Kontakt gebracht." Das früh verstorbene Berliner Urgestein verpasst ihm das Pseudonym MOK.
Zunächst konzentriert er sich auf das Graffiti-Element. Er sprüht in der Crew NHS, schließt sich anschließend Berlin Crime an und wechselt wiederum zu CMD. 1995 beginnt er zunächst auf Englisch zu rappen. Er selbst hört auch fast nur die US-Vorbilder mit Ausnahme des Rödelheim Hartreim Projekt: "Moses war der absolute King für mich!" Auf einer Party überzeugt ihn Asek von der Kaosloge davon, sich fortan dem deutschen Rap zu verschreiben. Er lernt Tony D kennen, mit dem er seinen ersten Song aufnimmt. Mach One erklärt sich bereit, sein Debüt zu betreuen.
2002 erscheint "Fick MOR" als zehnte Veröffentlichung des Labels Bassboxxx. Die EP ist ganz dem Royal Bunker und der einflussreichen Crew um Kool Savas gewidmet. Mit Frauenarzt, DJ Reckless, MC Basstard und Tony D geben sich spätere Hauptstadt-Größen die Ehre. Nach Unstimmigkeiten mit dem Independent-Label schließt sich der Neuköllner der Gruppe Die Sekte um Sido und B-Tight an. Er entwickelt sich zunehmend zum beliebten Gastrapper. Auf "Mein Kampf" von King Orgasmus One ist er ebenso zu hören wie auf "Tanga Tanga 2003" von Frauenarzt und der "Aggro Ansage Nr. 3".
Zugleich erfährt MOK einen Rückschlag, als er 2002 verhaftet und laut eigener Aussage wegen "gewerbsmäßiger Bandenhehlerei in 200 Fällen" verurteilt wird. "Das war halt 'n bisschen blöd so", kommentiert er schulterzuckend im Rückblick seine fünfeinhalb Jahre andauernde Haftstrafe, die ihn erst nach München-Stadelheim und Tegel sowie schließlich in den offenen Vollzug nach Plötzensee führt, "War 'ne scheiß Zeit, aber war halt auch OK. Was soll man machen?" Er nutzt die Zeit für eine Ausbildung zum Tontechniker. Seine freien Stunden verbringt er im Aufnahmestudio.
Auch ohne festen Künstlervertrag veröffentlicht Sektenmuzik 2004 seine EP "Neukölln Hustler". Ein Jahr später folgt sein Debütalbum "Muzik Oder Knast", auf dem Alpa Gun, Tony Tone, Tony D und B-Tight gastieren. Unterdessen erlebt Aggro Berlin seine Hochphase. Im hauseigenen Verlag Geto Gold kommt auch MOK unter. Er tritt auf Sidos Solodebüt "Maske", "Dein Lieblings Album" von Deine Lieblings Rapper, der "Aggro Ansage Nr. 5", "Heisse Ware" von B-Tight und Tony D sowie "Totalschaden" auf. Frauenarzt und Manny Marc holen ihn auf "Hart An Der Grenze".
Seine eigene musikalische Laufbahn setzt er mit "Bad Boys" fort, einem Mixtape mit Unterstützung von Rappern wie Fler, MC Bogy, Automatikk, Joe Rilla und Grüne Medizin. Noch im selben Jahr erscheint "Bad Boys 2", auf dem etwa Massiv, Kaisa, Greckoe sowie ein gewisser Farid Urlaub zu hören sind. MOK schließt einen Vertriebsverlag mit Sony BMG ab und gründet sein eigenes Label, das er dank aktueller Fehden ersböserjunge nennt. "Bushido ist für mich einfach nur ein Rapper, der das Image von anderen benutzt", erzählt er im Rap.de-Interview, "Ich bin 100 % Anti-Bushido."
Über ersböserjunge veröffentlicht er sein Best-of-Album "Das Beste", die EP "Big Boss", die ihn ins Programm von MTV führt, und "Hustler". Dann schreiten Bushidos Anwälte ein und erzwingen die Umbenennung des Labels, das fortan unter dem Namen Yo! Musix firmiert. Weiteres Ungemach droht durch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien. Die Behörde zeigt wenig Verständnis für MOKs brachialen Rap. Sieben von neun Songs aus "Fick MOR" stufen sie 2007 als indizierungsrelevant ein. Auch "Muzik Oder Knast", "Bad Boys" und "Hustler" landen auf dem Index.
MOK bleibt trotz allen Rückschlägen weiter produktiv. Nach seinem dritten Album "Strassenmukke" nimmt er mit dem in Ungnade gefallenen G-Hot das Kollabo-Projekt "Geldwäsche" auf und veröffentlicht den Sampler "Jailhouse Pop – MOK Seine Gastpart Hits 2000 Bis 2007". Das Album "Most Wanted" folgt 2009, das sich zu seinem Schlüsseljahr entwickelt. Aggro Berlin stellt den aktiven Betrieb ein. In den letzten Tagen leisten sich die Künstler des Labels jedoch noch einen medienwirksamen Streit mit Selfmade Records und dem gerade reüssierenden Farid Bang.
Der selbsternannte Neukölln Hustler mischt mit dem Song "Frohe Ostern" mit, der sich an Farid Bang richtet und den Grundstein für eine langjährige Fehde setzt. Zunächst hält sich der Adressat noch mit einer Antwort zurück, doch schon bald folgt der erste Gegenangriff auf "Jung Brutal Gutaussehend". Zugleich scheint es MOK nach dem Aggro-Abgang an einer vernünftigen Infrastruktur zu mangeln. Er tritt noch auf dem Sampler "Die Sekte" und Sidos "Aggro Berlin" auf, doch anschließend kehrt weitergehend Ruhe um den langjährigen Rapper der Sekte ein.
2013 wagt er mit "Ghettopicasso" einen neuen Anlauf beim Label One Million Berlin. Eine erneute Untersuchungshaft wegen Sachbeschädigung verhagelt ihm das Comeback. In Interviews wirkt er zunehmend verbittert. Von Sido und B-Tight zeigt er sich ebenso enttäuscht wie von Sektenmuzik im Allgemeinen. Selbst mit seinem ältesten Verbündeten Tony D gebe es Stress. "Ich grüße niemanden", erklärt er zum Abschied seines Gesprächs mit Rap.de, "weil jeder den ich grüße, mit dem habe ich nächstes Jahr spätestens Beef."
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