laut.de-Kritik

Eine Erfahrung wert: verdrogter Schamanendoom.

Review von

Mal ehrlich: Ich habe "Noeth Ac Anoeth" jetzt schon einige Male durchgehört – und weiß immer noch nicht so recht, was ich davon halten soll. Ist das jetzt gut oder in erster Linie doch richtig weird? Oder beides? Jedenfalls verdammt speziell. Und das ist vermutlich das beste Kompliment, das man einem Debütalbum machen kann.

Drei Songs bei einer Lauflänge von über 50 Minuten, dazu dieser Bandname – das deutet von vornherein auf einen schwer verdaulichen Doom-Brocken hin. Und die ersten Klänge bestätigen das. Fuzz, Downtuning, sloooow. Fehlt nur noch der grunzende Höhlenbär, der bestimmt gleich um die Ecke lugt. Statt diesem schwebt jedoch plötzlich die geisterhafte Stimme Jessica Balls herein. Nicht nur Wizards, auch eine Witch gibt es hier zu hören.

Auf den ersten Blick schlägt "Noeth Ac Anoeth" in die Kerbe YOB. Auch Mike Scheidt zückt ja gerne für Genre-Verhältnisse hohe Vocalregister. Mammoth Weed Wizard Bastart treiben es allerdings ins Extrem, was den Reiz ihrer Musik ausmacht. Auf der einen Seite die vollkommene, tiefgestimmte Dunkelheit, auf der anderen das zarte Sirenenstimmchen, das den ein oder anderen Gruselschauer hervorzurufen weiß.

Wagen wir uns also hinein in die verdrogte walisische Schamanenhöhle. Die Schatten tanzen an der Wand, die Flammen gären und pulsieren, während das Quartett seine Beschwörungsrituale durchführt und den Hörer gleich mit in Trance zieht. Die ersten beiden Zehnminüter "Les Paradis Artificiels" und "Slave Moon" sind dabei im Grunde nur Vorbereitung auf das Magnum Opus "Nachthexen". Ersteres bleibt dabei dem Doom treu und streut hin und wieder ein wenig Psychedelia ein. "Slave Moon" dagegen driftet gelegentlich in Stoner-Gefilde ab und feilt an Melodien.

Eine halbe Stunde nimmt sich dann "Nachthexen" Zeit, um den (Instrumental-)Sound der Band endgültig zu definieren. Als Ouvertüre wabert zunächst eine phaserverstärkte Clean-Gitarre vor sich hin, bevor Mammoth Weed Wizard Bastard erneut ihre undurchdingliche Soundwand errichten. Zielstrebig schiebt sich die Walze voran, schwankt zwischen Apathie und Groove. Letzterer basiert meist nur auf simpler Achtel-Leersaite, die in variierter Form immer wieder durchdringt. Doch weder Band noch Hörer werden dem müde, was am Drumherum und der sich zwar langsam, aber doch stetig ändernden Form des Gebildes liegt.

Der Gesang steht diesmal beinahe komplett außen vor – Jess sorgt nur zu Beginn für einige Hintergrundharmonien. Das Feld gehört den Instrumentalisten. Gitarre und Schlagzeug setzen in Hälfte zwei dann auch zu Soloeinlagen an. Zum Schluss liefert das Effektboard ein wenig Spacewürze und mündet in die Feedback/Windheul-Coda. Die Atmosphäre erfährt ihren Dichtehöhepunkt, es kommt zum letzten Aufbäumen, die Spannung fällt ab.

Mammoth Weed Wizard Bastard schaffen es tatsächlich, ihrem Namen alle Ehre zu machen. Besser als mit diesen vier Worten könnte man den Sound auf "Noeth Ac Anoeth" kaum beschreiben. Wer vom Klang des langen Etiketts irgendwie angezogen wird, sollte auch hinter die Fassade blicken und reinhören. Umgekehrt dürfte das Buchstabenmonster alle abschrecken, die griffig leichte Kost bevorzugen. Denn damit können Mammoth Weed Wizard Bastard nun wirklich nicht dienen. Stattdessen liefern sie ureigenen Schamanendoom. Nicht jedermanns Sache, aber definitiv eine Erfahrung wert.

Trackliste

  1. 1. Les Paradis Artificiels
  2. 2. Slave Moon
  3. 3. Nachthexen

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