laut.de-Kritik
Nergal emanzipiert sich von Behemoth.
Review von Manuel BergerWie toppt man "The Satanist"? Gar nicht. Das weiß auch Behemoth-Boss Adam 'Nergal' Darski. Trotzdem hätte sein nächstes Album zwangsläufig den Vergleich aufnehmen müssen, so es denn im Behemoth-/Metal-Kontext verortet gewesen wäre. Der Schlüssel zur Umgehung dieses Problems heißt "Songs Of Love & Death". Wer den neuesten Output Nergals nämlich mit Behemoth vergleicht, hat wohl nicht mehr alle Zacken am Pentagramm. Und genau deswegen werden alle Behemoth-Jünger den offiziellen "The Satanist"-Nachfolger in ein paar Jahren mit offenen Armen empfangen. Einfach, weil es wieder Behemoth ist und völlig unabhängig davon, ob er nun besser oder schlechter als das bisherige Magnum Opus ist.
Noch sind wir aber nicht soweit, im Hier und Jetzt zählt erst einmal "Songs Of Love & Death", das Debütalbum von Nergals lange angekündigtem Düstercountry-Nebenprojekt und von dem jeder, der ein Distortion-Pedal als Grundvorraussetzung für ein gutes Album ansieht, Ausschlag bekommen wird. Für Blasphemie ist Nergal bekannt, Blasphemie praktiziert er auch weiterhin. Diesmal allerdings weniger gegen Gott und Bibel als vielmehr gegen seine Fans. Weiter von seinem angestammten Terrain hätte er sich quasi nur entfernen können, wenn plötzlich Plastik-Bummsbeat und Autotune aus den Boxen schallen würden.
Schon im ersten Song, der immerhin noch dem Namen nach in Richtung Kirchenverachtung schielt ("My Church Is Black"), packen er und sein Partner in Crime John Porter die Mundharmonika aus. Mit schwerem Klargesang dominiert Nergal den Song, vertraut auf bluesige Mid-Tempo-Gitarren und streut live-prädestinierte Background-Chöre ein. Zweifel an einem Gelingen dieses Experiments fegen Porter und Darski schon jetzt mit einem lässigen Fingerschnippen davon. Das groovt!
Die folgende Dreiviertelstunde lang frönen der echte und der Wahl-Pole ihrer Leidenschaft für amerikanische Traditionsmusik aller Art. Johnny Cash, Mark Lanegan, Nick Cave, Muddy Waters und Co. geben die Herren als Inspirationen an und das hört man oft auch. "Nightride" erweist sich als leichter Slow-Rock'n'Roller, der sich hervorragend in der lärmenden Bar eines White Trash-Movies machen würde. "Cross My Heart And Hope To Die" rasselt mit Ketten, packt Banjo und Humming aus und breitet seine schwarzen gebrochenen Flügel als eine Art Necrospiritual aus. Darin holt Nergal dann auch zum süßlich-schmerzhaften Schlag gegen das Christentum aus, der den expliziten Behemoth-Provokation an Eindruck mindestens ebenbürtig ist: er instrumentalisiert einen Kinderchor für die Hook: "We ain't coming for forgiveness / We're not paying for our sins / We betrayed you, our Sweet Jesus / We have chosen hell on earth". Respekt.
Dennoch sind Me And That Man natürlich weit davon entfernt, ihre Songs ausschließlich diese Schiene fahren zu lassen. Bierernst darf man das alles nicht nehmen, schließlich soll "Songs Of Love & Death" sowohl für die Musiker als auch die Hörer in erster Linie Spaß machen. Entsprechend darfs auch mal um Liebe gehen (nicht für Satan) und Sex. "Voodoo Queen" eignet sich hervorragend als Trucker-Soundtrack, es riecht nach alkoholgeschwängerter Stripclub-Luft und weckt dank "After Dark"-Gitarre ziemlich eindeutige Bilder im Kopf. Während hier die besungene Dame klar die dominante Rolle einnimmt, kehrt das vorangehende "Shaman Blues" die Geschlechterdynamik um: John Porter gibt den Rockstar-Macho und herrischen Medizinmann – "She got a black pearl in her pussy!"
Da Me And That Man gern die dicken Eier raushängen lassen, sticht "Of Sirens, Vampires And Sirens" umso mehr heraus. Sehr viel zurückhaltender agieren nicht nur die Gitarren, sondern auch John Porter am Mikro. Plötzlich klingt das Duo verletzlich und sehnsuchtsvoll. Eine spanische Gitarre verleiht dem besinnlich-melancholischen Grundton zusätzliche Tiefe.
Gerade auch die Platzierung in nächster Nähe zu "Better The Devil I Know" lässt die Ballade gut zur Geltung kommen. Denn so stehen die beiden Extreme direkt nebeneinander. Geradezu bombastisch bauscht sich nämlich "Better The Devil I Know" auf. Wuchtige Drums, Nergal als Prediger, weibliche Unterstützung für den Refrain – sogar ein Orgelsolo gibt's zu hören.
Für Abwechslung ist also gesorgt. Als Roundup steht zum Ende "Ain't No Loving" bereit, das mit Piano und Mikroduett Gute Nacht sagt. Der Prototyp gemäßigter Rausschmeißer. Hat man zwar schon oft so ähnlich gehört, nimmt man trotzdem gern. Kurze Aufbäumer zwischendurch, ein Zerre-Lead schwingt sich in die Höh' und nach symmetrischem Abflauen des Spannungsbogens schließen Me And That sanft die Tür.
Anzukreiden kann man wenig an "Songs Of Love & Death". Zwischendurch riskieren einige Songs zwar, als zu nett durchzugehen. Denen würde ich entsprechend eher das Etikett 'nice to have' als 'stark' aufkleben. Das John Denver atmende "One Day", "Nightride" oder "Get Outta This Place" sind solche Fälle. Gerade für die Diskographie des Extreme-Metal-Heilands Nergal erweist sich das Album aber nichtsdestotrotz als höchst erfrischend. Es tut gut, den sonst mit Corpsepaint aufgetakelten Musiker mal in reduziertem erdigen Rahmen wie diesem hier zu erleben. Zumal er sich ja nicht plötzlich zur Popnudel entwickelt hat, sondern weiterhin hohen Anspruch an seine Kompositionen stellt und sein Gespür für Arrangements auslebt.
Das Zusammenspiel Porters und Nergals funktioniert, als wären sie schon jahrzehntelang gemeinsam unterwegs. Viele Songs entstanden in gemeinsamer Arbeit, jeder steuerte aber auch allein fabrizierte Stücke bei. Alles vereint schafft große Vielfalt, man hat jedoch nie das Gefühl, als würden sich die beiden Musiker zu weit vom zentralen Fokus des Albums entfernen. Würde man die repräsentierte Bandbreite grafisch darstellen, wäre "Songs Of Love & Death" keine Linie, sondern ein Kreis – die Vision in der Mitte, die einzelnen Songs gleichmäßig im Radius darum herum verteilt. Und wer drin steht, hält bestimmt nicht Ausschau nach "The Satanist".
7 Kommentare mit 13 Antworten
Insgesamt ganz ordentlich geworden, auch wenn die Platte nichts neues bietet. 3,5/5. Freu mich jetzt umso mehr auf den satanist-Nachfolger...
nergal behemoth haha ich kenne die jungs vom wacen!! black metal ist gute musik
hä das is ja gar kein black metal
bist du eigentlich eine satire?
Bööööööööööööse
Die Scheibe hat n paar ordentliche Tracks, aber was meine Erkenntnis ist: Adam kann nicht singen. Nicht ein bisschen. So ist er definitiv besser im Black/Deathmetal aufgehoben. Back to the roots Nergal!
jetzt ist mal wieder so einer dieser momente, wo man hak geben muss ich h8e bemehoth und nurgül schon echt seit ner weile. und das mit freude und recht. aber das "me and that man" albung ist schlichtweg großartig. ich fands damals nciht schlecht aber es hat echt wachstumspotential. für mich besser als das letzte werk von cuck dude