laut.de-Kritik
Mit Axl Rose und Slash zurück in die Hitze der Clubs der Siebziger.
Review von Yan TemminghoffNachdem schon U.F.O.-Frontmann Phil Mogg auf Solopfaden wandelte und mit "Moggs Motel" ein buntes Hardrock-Album vorgelegt hat, liefert nun auch sein ehemaliger Songwriting- und Streitpartner Michael Schenker eine Reise in die Vergangenheit. "My Years With U.F.O." präsentiert einen Querschnitt aus der gemeinsamen, erfolgreichen Zeit und lehnt sich in Sachen Tracklist und Artwork-Gestaltung stark an die Live-Sternstunde "Strangers In The Night" an - ohne gänzlich eine Kopie zu sein. Von den 13 Songs der Live-Rutsche finden sich elf auf der 2024er Kompilation.
Schenker, Gitarrist von Gnaden des Gniedel Gottes, übernimmt die sechs Saiten im Jahr 1972 als 16-jähriger Jungspund, steigt in das unbekannte Flugobjekt ein und begibt sich auf die Reise in den Rock-Olymp. Auch, wenn nach dem nur sechs Jahre währenden Höhenflug noch weitere Ausrufezeichen folgen sollten - Schenker spielt etwa auf "Lovedrive" von den Scorpions und bleibt mit der Michael Schenker Group und weiteren solistischen Ausflügen im Gespräch - das Spektakulum Miracolosum seiner frühen Adoleszenz bleibt unerreicht.
Der 69-jährige Gitarrist hörte eigenen Auskünften zufolge mit 17 auf, Musik zu hören. Die Strahlkraft seines persönlichen Referenzsystems auf andere Künstler spiegelt jedenfalls die illustre Gästeschar, die der jung gebliebene Musiker um sich versammelt. Natürlich hat mit Blick auf den Blues und britische Rock-Invasion um Page, Beck und Blackmore auch Schenker seine Einflüsse zu verzeichnen. "Strangers In The Night" bildet nicht nur bei der Songauswahl die Blaupause.
Gemeinsam mit Produzent Michael Voss orientiert man das Klangbild an der rohen Live-Atmosphäre des Klassikers. Viel Raum und Hall beamen den Hörer zurück in die Hitze der Clubs der Siebziger. Auf das Splitting im Stereopanorama verzichtet Voss, auf "Strangers In The Night" waren Schenker und sein Sidekick Paul Raymond lateral angeordnet. Die Gitarre ist im Mix der vorliegenden Veröffentlichung deutlich dominanter platziert. "Doctor Doctor", ick hör dir trapsen? Der Sound springt einem förmlich ins Gesicht.
Schenker wartet gestern wie heute mit wohlplatzierten Tönen, wunderbarem Feeling und einzelnen neoklassischen Flitzefinger-Parts auf. Und statt Phil Mogg, der sich 1978 selbst mit einer spontan beschwingten Darbietung ein Denkmal setzte, geben sich die Gunners Axl Rose und Slash, Kai Hansen (Helloween) und Biff Bifford (Saxon) Mikros und Gitarren-Klinken in die Hand.
Und gerade Axl auf U.F.O.s Paradeballade "Love To Love" zu hören, dessen Einflusssphäre bis zu "November Rain" oder "Estrangend" reicht, gibt künftig eine schöne Anekdote ab. Mit Joey Tempest von Europe und Roger Clover von Deep Purple versammelt Schenker Vergangenheit und Zukunft um sich, er selbst im Epizentrum des Geschehens. Fans der britischen Hardrock-Legenden fragen zu Recht, wo sind Mogg, Way, Raymond und Parker geblieben? Für Neueinsteiger schlägt Schenker aber ein überaus spannendes Kapitel der Stromgitarren-getriebenen Rock-Historie auf.
1 Kommentar
Wo sind Mogg, Way, Raymond und Parker geblieben? Entschuldigung, aber Way und Raymond sind unter der Erde. UFO-Fans dürften sich diese Frage also kaum stellen.