laut.de-Kritik
Brooklyns neuester Hipster-Shit.
Review von David HutzelSchon wieder eine dieser hippen elektronischen Indie-Bands aus Brooklyn. Zumindest mutet das beim ersten Durchzappen des zweiten Milagres-Langspielers "Violent Light" so an. Wabernde Synth-Sounds treffen auf subtile, verzerrte Gitarrenmelodien, gekrönt von Passagen aus Bon Iver-Gedächtnis-Vocals. Klingt im Gesamtbild eben alles erst mal so abgedroschen prätentiös wie der obligatorische Gang eines Jutebeutelträgers durch Williamsburg.
Doch immerhin haben die Milagres beim Portland-Label Kill Rock Stars Unterschlupf gefunden. Einem Label also, das sich von Haus aus eher dem Punk verschrieben hat. Das muss schließlich seine Gründe haben, meint auch Milagres-Songschreiber Kyle Wilson, wenn er anmerkt, dass er ursprünglich eher aus der LoFi-Szene stammt. Diese Vergangenheit bricht auf "Violent Light" zwar seltener durch als noch beim 2011er Debüt, doch wenn, dann sorgen die von verzerrten Gitarren geprägten Ausbrüche der Tracks stets für Erfrischung.
"Jeweled Cave" groovt sich unbemerkt in Richtung seiner Wurzeln, die merklich in der Rock-Garage liegen. Deshalb klingen die zehn Songs eher danach, als wären Milagres weitestgehend unbeeindruckt von der 'music made in Brooklyn' der letzten Dekade. Klar, LCD Soundsystem sind schließlich seit fast drei Jahren tot und die Dance-Punks wieder in ihren Glitzerhöhlen verschwunden. So versucht sich die Band daran, ihr eigenes Synth-Relief zu konstruieren: Frisch aufpolierte Gitarren trotzen dem analogen Klang-Equipment, sind gleichwertige Bausteine auf dieser dröhnenden, manchmal nervösen, aber nie zu hektischen Berg- und Talfahrt.
Sie erfinden dabei natürlich nichts völlig neu, sondern kompilieren ihren Sound ganz ungeniert. Das losgelöst und gleichzeitig düstere Gewand von "The Black Table" orientiert sich merklich an Peter Gabriel, das Falsett des Sängers Kyle Wilson erinnert nicht nur stellenweise an Bowie. Kann man Milagres das vorhalten? Während die einzelnen Elemente dieser Kollagen durchaus interessant sind, so verlieren die Songs im Verlauf rapide an Spannung.
Man kennt das eben alles schon. Zum Beispiel dann, wenn sich Milagres in die Ecke des letzten Bombay Bicycle Club-Albums stellen: Quirlige Elektro-Momente, in denen die Tracks in hohe, stark verdichtete Sound-Sphären aufsteigen, bevor sie im nächsten postwendend versuchen, den erdigen Tönen zu frönen ("The Letterbomb"). Deshalb liefern Milagres mit "Violent Light" doch nur einen durchschnittlichen Langspieler ab, der zwar durchaus seine kleinen Höhepunkte hat, aber schlussendlich höchstens zur Hälfte interessant und zur Hälfte abgedroschenes Indie-Klischee bleibt.
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