laut.de-Kritik
Eine weichgespülte Rundreise durch Tropical-House-Gefilde.
Review von Kai ButterweckMit seinem zwischen Melancholie und Frohsinn pendelnden Album "Silver Linings" rannte Milow vor zwei Jahren auch bei mir offene Türen ein. Die Vorfreude war also groß, als es vor einigen Wochen hieß: Mitte Mai 2016 wird endlich nachgelegt. Nun dreht das neue Studiowerk "Modern Heart" hier seine Runden, die Begeisterung hält sich jedoch in Grenzen.
Von einer "neuen Ausrichtung" ist die Rede. Der Belgier wollte diesmal "alternativen R'n'B und Hip Hop im Stile von Frank Ocean, Drake und The Weeknd" in seine Welt mit akustischer Gitarre einfließen lassen. "Modern Heart" klingt aber eher wie eine mit seichten Beats und klinischen Effekten weichgespülte Rundreise durch Tropical-House-Gefilde.
Vereinzelt spielt sich die zumeist gezupfte Akustikgitarre zwar noch in den Vordergrund. Aber der Großteil des Albums wird bestimmt von gluckernden Beats und lauwarmen Soundscape-Tupfern aus der Elektro-Abteilung.
Wem man dafür auf die Finger kloppen sollte? Schwere Frage. Mit dem Grammy-prämierten Produzenten und Sänger James Fauntleroy (Beyonce, Kendrick Lamar, Justin Timberlake) und dem Songschreiber Brian Kennedy (Rihanna, Chris Brown) treten neben dem eigentlichen Urheber des Albums nämlich zwei weitere "Modern Heart"-Verantwortliche in Erscheinung. Songs wie die wabernde Liebesschnulze "Waiting Around For Love", das sich in Richtung Ibiza verabschiedende Dancefloor-Furunkel "Howling At The Moon", sowie die jammernden Folk-Pop-Oden "Love Like That Is Easy" und "Really Rich" haben jedenfalls nur noch wenig mit der bezirzenden Frische der Vergangenheit gemeinsam.
Statt die vor zwei Jahren gelegte Saat zu düngen, spannt Milow lieber eine luftdichte Plane über seine musikalischen Ertragsfelder. Das mag zwar die eine oder andere Hipster-Hausfrau während des Bügelns erfreuen. Mich beeindruckt der Sänger damit aber nicht. Ganz im Gegenteil: Ich tue einfach so, als hätte das "Modern Heart" nie angefangen zu schlagen und rede mir ein: Das neue Milow-Album kommt frühestens 2017. Da habe ich kein Problem damit. Ich bin schließlich ein geduldiger Mensch.
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