laut.de-Kritik
Dorfdiscobeats und Schmusepop
Review von Martin MengeleDie Jungs von der Münchener Freiheit gehen auch schon auf die 50 zu, erinnern aber (vor allem musikalisch) weiterhin an die Quietsch-Boys aus der Kinderserie "Hallo Spencer". Mit ihrem Helium-Schmuse-Sound gelingt es denen wahrscheinlich heute noch, in jeder Dorfdisco Bayerns Teenage-Bräute klarzumachen.
Diesmal, im Zuge der Veröffentlichung ihres 15. Albums "Freiheit die ich meine", wurde im Vorfeld ausgiebig Marktforschung betrieben. Daß der deutsche Hip Hop eine Goldgrube ist, hat jetzt auch Bandleader Stefan Zauner geschnallt. Bei "Ich komm nicht von dir los" zeigt er nun auch im Sprechgesang seine Skillz. Zugegebenermaßen ein eingängiger Refrain mit Airplay-Verdacht im Volksmusikradio. Nicht daß eine der Fanta4- oder der Fettes-Brot-Fraktion diese Scheibe mögen würde, allenfalls eine Option auf Single-Auskopplung sollte hier offenbleiben.
Partymusik war bei dieser Produktion auch sonst angesagt. So ist nicht weiter verwunderlich, daß man sich nebenbei Produzent Kai Matthiesen in die heimische Studio-Finca nach Ibiza einlud. Dieser Bursche zeichnete sich schon mit einigen Dancefloor-Fegern von "Mr. President" aus und ist beim vorliegenden Werk u.a. für die Dorfdisco-Beats bei "Alles was ich habe" mitverantwortlich. Scheint, als hätten sich gar heftig durchtanzte Inselnächte auf die Arbeit niedergeschlagen. Auch Ausflüge in die Synthipop-Ecke stehen dem Song nicht schlecht. Bei "Lange schon aus" klingen sogar entfernt industrialeske (!) Beats an. Tingeltangel-Sänger Zauner will aber irgendwie nie richtig Partystimmung aufkommen lassen und läßt der Platte durchweg keine Chance, vom herkömmlichen Freiheit-Gesäusel loszukommen.
Außerdem ist zu erwähnen, daß Zauner, der selbst Grafiker ist, hier auch das Inlay gestaltet hat. Dabei hätte er sich besser auf die althergebrachten analogen Methoden besonnen, anstatt unqualifiziert irgendwelche Photoshop-Filter zu benutzen.
Sollte man einer von der eingefleischteren Fan-Sorte sein, oder hat man in naher Zukunft vor, seiner Omi ein nettes Geschenk zu machen, besteht dringlicher Kaufzwang.
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