laut.de-Biographie
Musiq
Irgendwas scheint die Stadtverwaltung von Philadelphia in ihr Trinkwasser zu mischen. Jedenfalls ist das eine Erklärung dafür, dass aus dem Dunstkreis der amerikanischen Metropole ständig Künstler heraustreten, die sich durch ihren Willen zur musikalischen Innovation und Vielschichtigkeit vom Rest der Szene abheben. Insbesondere die Hip Hop- und Soul-Gemeinde Philadelphias bringt stetig neue Highlights zu Tage. Neben The Roots, Jill Scott, Jaguar Wright oder Bilal macht ein gewisser Herr namens Taalib Johnson aka Musiq seit einigen Jahren die Soul- und R'n'B-Freunde allerorts glücklich.
Am neunten September 1978 geboren, legt seine musikalische Familie den Grundstein für die eigene Liebe zur Musik. Sein Vater, ein Sänger und Saxofonist, beschallt den Sohnemann schon bald mit den Soulgrößen der siebziger Jahre und gibt somit den Weg vor. Da ist es nicht verwunderlich, dass damalige Jugendhelden wie Stevie Wonder, Patti LaBelle, James Brown, Marvin Gaye oder Sly & the Family Stone immer noch zu den größten Vorbildern des Sängers gehören.
Der junge Taalib beginnt früh, selber Musik zu machen. In der neunten Klasse verlässt er die Schule, um sich, in seinen Augen, wichtigeren Dingen zu widmen. Die nächsten Jahre verbringt er damit, auf den Straßen zu singen und zu beatboxen und sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser zu halten. Sein erstes Pseudonym Music Boy hat er dadurch schnell anhaften, doch der große Durchbruch will ihm nicht gelingen. Bis er auf die nicht nur in der Szene Philadelphias bekannte Jill Scott trifft. In einer ihrer "Words & Sounds Open Mic Sessions" gelangt das Mikrofon auch in die Hände des jungen Sängers. Er überzeugt, und daraufhin ist ihm die Begeisterung und auch die weitere Unterstützung Jill Scotts sicher.
Die Sängerin bringt das aufstrebende Talent mit den richtigen Leuten in Verbindung und lässt ihre weitreichenden Beziehungen spielen. So lernt der Sänger den Songwriter Carvin Haggins kennen, und bald entdecken die beiden viele Gemeinsamkeiten. Nach den ersten professionellen Gehversuchen etabliert sich auch der richtige Name, unter dem Taalib Johnson fortan die Soul-Gemeinde glücklich machen soll: Musiq Soulchild. Der erste Teil setzt sich aus den Wörtern "muse" (englisch für: nachdenken, sinnieren) und "IQ" zusammen. Der zweite Teil impliziert nachvollziehbar die eigene Stellung als Heranwachsender unter der Obhut der Soulgrößen der Vergangenheit.
Über weitere Mittelsmänner kommt Musiq in den Kontakt mit dem Label Def Jam Records, die ihn kurzer Hand auf ihrem Ableger Def Soul signen. Sofort beginnt er mit der Arbeit an seinem Debüt-Album "Aijuswanaseing" und kommt hierbei nicht nur zu der großen Ehre, in den bekannten A Touch Of Jazz-Studios aufnehmen zu dürfen. Mit so illustren Namen wie James Poyser, Teil des Soulquarians-Künstlerkollektivs, dem unter anderem Roots-Mastermind ?uestlove oder Rapper Common angehören, liegt auch die Produzentenarbeit in vielversprechenden Händen. Den ersten Schritt für den Erfolg des Albums macht Musiq mit seinem Song "Just Friends (Sunny)" auf dem Soundtrack des Films "Der Verrückte Professor II" im Sommer 2000. Daraufhin sorgt nicht nur die Single für Furore, auch das Erstlingswerk kann sich über einen beträchtlichen Erfolg freuen.
Zwei Jahre später folgt der Nachfolger "Juslisen", dessen Gereiftheit nicht nur am Wegfallen des Namensteils Soulchild zu erkennen ist. Noch überzeugender und in sich geschlossener wirkt seine Fusion aus Hip Hop, Soul, Jazz und Funk, die auch kommerziellen Anklang findet. Mit über 260.000 verkauften Einheiten hinterlässt er seine Spuren in den amerikanischen Charts. Sein Talent zieht dementsprechend auch an anderen Künstler nicht spurlos vorbei. Dabei entsteht etwa das wunderbare Zusammentreffen mit The Roots auf deren Album "Phrenology" mit dem Track "Break You Off". Dabei reiht sich Musiqs Refrain problemlos in die Tradition elitärer Soul-Chanteusen à la Erykah Badu oder Mary J. Blige ein.
Ende des Jahres 2003 macht er die vorerst letzte Phase seiner Entwicklung durch und wird vom ehemaligen Soulchild zum Soulstar. Sein ebenso betiteltes drittes Werk stellt einmal mehr das immense Potenzial Musiqs, nicht nur als Sänger oder Songwriter, sondern auch als Produzent unter Beweis. Neben nur zwei Kollaborationen mit Bilal und Cee-Lo harmonieren lockere Soul-Klänge mit Musiqs facettenreicher Stimme, die nicht nur bei dem Rolling Stones-Cover "Miss You" begeistern. Auf dem amerikanischen Musiksender VH1 gibt es im Erscheinungsjahr wenige Soulstücke, die öfters auf dem Sender flimmern als "Forthenight" und "Whoknows".
Gutes Album und Video-Rotation hin oder her, es wird still um Musiq. Drei Jahre verstreichen ohne Features und ohne Albumankündigung. Im Hintergrund passiert jedoch etwas. 2006 verkündet Musiq nicht ohne Stolz, fortan zur Def Soul-Familie zu gehören. Genauer gesagt kommt er unter die Atlantic Records-Haube, ist damit aber trotzdem noch Untertan des Def Jam-Bosses Jay-Z. Dank neuer Label-Heimat bringt sich Musiq auch wieder ins Gespräch über die Musikrichtung, die unter dem Namen Neo-Soul die Runde machte. Für Ende 2006 ist ein neues Album geplant, und die öffentlichen Auftritte mehren sich. Einen hätte Musiq jedoch lieber sein lassen: Bei einem Basketballspiel zu Ehren Michael Jordans im New Yorker Madison Square Garden vergisst der Sänger den Text der amerikanischen Nationalhymne. Ganz ähnlich wie hierzulande beim Hymnen-Fauxpas von Delmenhorst-Pomeranze Sarah Connor, findet auch dieses Ereignis den Weg in die Klatsch und Tratsch-Spalten der (amerikanischen) Medienwelt.
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