laut.de-Kritik
Sharon den Adel solo: Eher Rita Ora als Within Temptation.
Review von Manuel BergerSchon mit Within Temptation zeigte Sharon den Adel, dass sie keine Angst vor unmetallischen Elementen hat. Prototypisch dafür steht das umstrittene Xzibit-Feature auf "Hydra". Während das Album im Gesamten noch grob dem Symphonic Metal zuzuordnen ist, macht sich die Sängerin nun mit ihrem Soloprojekt frei von jedweden Metall-Einflüssen. Gleißendes, poppiges Sonnenlicht verdrängt die gotische Dunkelheit.
Eine Schreibblockade im Anschluss an die jüngste Within Temptation-Tour verhinderte den Adels Weiterarbeit. Nach einer ersten Auszeit brachte schließlich die Beschäftigung mit gänzlich anderer musikalischer Stilistik die Kreativität zurück. So erklingen im Titelsong quirlige Synthiesounds, die man von Sommerplaylists der Mainstreamradios kennt.
Taylor Swift ist einer der ersten Namen, die in den Sinn kommen – gerade angesichts von Songs wie "Crash And Burn": Den Adel spielt mit dramatischen Melodiebögen, lockert diese aber mit Upbeat-Breaks und bombastischen Drum-Swells auf. In "Star Crossed Lovers" haucht sie dagegen in der Manier Lana del Reys. Streicher und Delay-Gitarre liefern die passend verträumte Grundlage. "Someone Like You" verziert sie gar mit Reggae-Percussion.
Die zahlreichen Ethno-Einflüsse machen den Unterschied zum gängigen Mainstream-Pop. Manchmal wähnt man sich in Elton Johns "König der Löwen"-Soundtrack, webt den Adel im Background doch gerne Gruppenchants ein (z.B. bei "Where Is My Love"). Die meisten Stücke verfügen deshalb über zwei Ebenen: An der Oberfläche dominiert stets Sharons kristallklare Stimme. In den Refrains wird eine Zuckerschicht aus modernen Keyboards oder auch mal massiv verfremdeten Vocal-Harmonien ("Indian Summer") hinzugefügt. Dort enden die Kompositionen aber nicht: Bei "Indian Summer" klappern Kastagnetten, zusätzliche Klangfarben liefern noch Cello und Violine sowie zusätzliche subtilere Vocals.
"My Indigo" gerät stellenweise zwar arg glatt und manchmal nutzen den Adel und Co-Produzent Daniel Gibson allzu schablonenhafte Part-Transitions. Aber insgesamt entsteht ein intelligent arrangiertes, gut produziertes und abwechslungsreiches Popalbum. Von Erwartungen in Richtung Within Temptation sollte man sich vor dem Hören allerdings lösen. Denn My Indigo steht wesentlich näher bei Rita Ora.
1 Kommentar
Mir gefällt das Album wirklich sehr gut ! WT sind seit "The Unforgiving" schon längst in poppigen Gefilden unterwegs, daher sehe ich darin kein Problem, denn die Songs waren seitdem immer auf den Punkt gebracht. "My Indigo" ist leicht, melodisch und zeigt Sharon den Adels Stimme in allen positiven Facetten. Die Arrangements sind einfach, überzeugen aber mit netten Details beim näheren Hinhören. Sympathischer Pop !