Die Zeitung hat mit Bekannten und Behörden über den heutigen Rapper gesprochen. Von den meisten seiner Behauptungen bleibt wenig übrig.

Hamburg (dol) - Handelt es sich bei Kolja Goldstein um einen "Hochstapler"? In einer Recherche der Zeit haben die Journalisten Paul Schwenn und Markus Sehl den "Goldstein-Hype" zum Anlass genommen, um mit Bekannten und Behörden über die Vergangenheit des Rappers zu sprechen. Statt in Valetta sei er in Wahrheit unter dem bürgerlichen Namen Nicolas Thomas S. in Augsburg geboren. In Rohrbach an der Ilm habe er eine "typische bayerische Dorfjugend" verbracht. Ein früherer Weggefährte beschreibt ihn gegenüber der Wochenzeitung als charismatischen "Laberkopf".

Vor seiner musikalischen Laufbahn absolvierte er demnach in München eine Ausbildung zum Koch. Später arbeitete er als Barkeeper, wobei er auch Speed und Kokain auf Partys verkaufte. Für sein Studium der Bildhauerei an der Akademie der Bildenden Künste in München konnte die Kunsthochschule keinen Nachweis in ihren Studierendenakten finden. In seinem "True-Crime-Rap" spiele Kolja Goldstein mit der Ungewissheit, indem er Verbrechen detailliert schildert und sich mit ungeklärten Mordfällen in Verbindung bringt.

Im Zeit-Artikel arbeiten sich die beiden Redakteure an Straftaten ab, die Kolja Goldstein letzten Sommer in der Rubrik "Besuchszeit" des YouTube-Kanals 26mintv ausgebreitet hat. Im Alter von 20 Jahren soll er an der Grenze zu Montenegro festgenommen worden sein, als er 240.000 Euro für eine Heroinlieferung übergeben sollte. Laut eigener Aussage saß er daraufhin über mehr als ein Jahr im bosnischen Zenica im Gefängnis. Doch die Leitung der Haftanstalt kennt Nicolas Thomas S. auf Nachfrage nicht.

Auch in Deutschland sei er verhaftet worden. "Ich hatte damals einen Tatvorwurf: 864 kg Marihuana, 4,2 Millionen Euro inkriminiertes Vermögen", berichtete Kolja Goldstein im Interview. Nach seiner Verhaftung habe er eineinhalb Jahre in U-Haft gesessen. Die Zeit-Redakteure kontaktierten das Amtsgericht München. Aus den Unterlagen geht hervor, dass es in Wahrheit um 242,7 Gramm Marihuana ging, die er 2016 bei einem Drogendeal in einem Tattoo-Studio verkauft hatte. Insgesamt belief sich der Wert auf 1975 Euro. Er und seine als Mittäterin verurteilte Freundin erhielten milde Strafen.

Zu einer zweiten Verurteilung des heutigen Rappers ist es gekommen, nachdem er mit zwei Mittätern auf einem Bauernhof eine Marihuana-Plantage anlegen wollte. Dort mangelte es jedoch an den notwendigen Wasser- und Stromanschlüssen. Der Eigentümer meldete das bedauernswerte Trio bei der Polizei. Nicolas Thomas S. gestand und erhielt eine weitere milde Strafe. Auch an der Authentizität seines Auftritts als Insider für den internationalen Kokain-Handel im ZDF-Format "frontal" bestehen Zweifel. Statt eines Drogenumschlagplatzes soll er das Team zu einem Reparaturdock geführt haben.

Unklar sei auch seine Beteiligung an Straftaten in Dänemark oder den Niederlanden. Die stets informierte deutsche Botschaft dementiert, dass Nicolas Thomas S. wie behauptet nach einer Schießerei in dänischer Untersuchungshaft gesessen hat. In die Aufnahmen einer Verfolgungsjagd mit Schüssen in Rotterdam schnitt sich der Rapper im August 2020 für ein Instagram-Video. Laut der dortigen Staatsanwaltschaft laufen die Ermittlungen noch, doch weder Kolja Goldstein noch ein anderer Deutscher spielen dabei eine Rolle. Der Rapper "wolle sich wohl ein Streetimage aufbauen", heißt es lapidar.

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