Gestern gaben Tokio Hotel eine erste Pressekonferenz zu ihrem kommenden Album "Zimmer 483". Mit neuem Video und neuer Frisur im Gepäck wollen Bill und Co. ihre Erfolge im In- und Ausland noch toppen.
Berlin (ps) - In einem noch im Bau befindlichen U-Bahn-Tunnel gaben Tokio Hotel gestern eine erste Pressekonferenz zum neuen Album. Das klingt pompöser als es ist. Die Wände sind abgehangen und eine kleine Bühne wurde aufgebaut. Wie in einem Tunnel fühlt man sich nun nicht wirklich. Und irgendwie passt die Location auch zu Tokio Hotel. Außen hui und die großen Popstars, innen die netten Jungs von nebenan.
Bevor die vier Magdeburger die Bühne betreten, gibt es einen kleinen Film, der auf die Erfolge des letzten Jahres zurückblickt: Mädchen, Bill, Mädchen, Preise, Mädchen, Tom, Mädchen und dann wieder Bill. Zwischendrin tauchen noch gelegentlich die zwei anderen Bandmitglieder auf. Die, von denen man erst mal den Namen nachschlagen muss.
Dann betreten sie die Bühne - angeführt von Simba, dem König der Löwen aka Bill Kaulitz. Dessen Matte sprießt in alle Richtungen und schämt sich auch nicht, ein paar blonde Strähnchen aufzuweisen. Solche Verbrechen haben nicht mal Mötley Crüe in ihren besten Zeiten begangen. Zu dem ganzen Style-Schlamassel trägt der unglaublich magere und dick mit Make-up beschichtete Sänger auch noch Cowboystiefel mit goldenen Muster und lässt eine Pimpkette um den Hals baumeln. Die anderen Jungs erscheinen im gewohnten Outfit. Tom mit Dreadlocks und Baggy-Pants. Gustav und Georg einfach so.
Bevor die ersten Fragen kommen, gibt es das Video zur neuen Single "Übers Ende der Welt" zu sehen. In Bergarbeiter-Klamotten laufen die Jungs im Gleichschritt durch eine Fabrik. Fritz Langs berühmte Arbeiterszenen aus seinem Klassiker "Metropolis" werden da wachgerufen, und es gibt das übliche Thema: Bill, der neue Messias, nimmt die kleinen Mädels mit aus dieser Welt. Weg von den Pickeln, Eltern, fiesen Jungs und Hausaufgaben. Dieses Mal eben "Wir schaffen es zusammen übers Ende dieser Welt / Die hinter uns zerfällt" anstatt "Durch den Monsun / Hinter die Welt / Ans Ende der Zeit". Teenage Angst has paid of well. Das wusste schon Herr Cobain vor mehr als 15 Jahren.
Wer hier die Show in der Hand hat, wird schnell deutlich. Bill ist die Front-Sau, er ist derjenige, der die dumme Frisur haben muss und der Band ein Gesicht gibt. Er beantwortet 90 Prozent aller Fragen und gibt den ausgefuchsten Medien-Profi, der in jeder Antwort so viel viel zu sagen hat, dass am Ende nichts gesagt wurde, die Kollegen von der Bild-Zeitung aber trotzdem was schreiben können. Respekt. Der Junge weiß, wie es abgeht. Aber was soll er auch erzählen? Die Fragen bewegen sich in den Themenbereichen Urlaub (Tauchkurs auf den Malediven und Skifahren in Frankreich), wie es die Jungs finden, mit den Beatles verglichen zu werden und ob sie überhaupt noch Zeit haben, Autogramme zu geben.
Zu sinnvolleren Fragen spult Bill das einstudierte Programm ab. Während die Internet-Schule immer noch die Schulbank ersetzt, hat die Band in der Nähe von Hamburg ein neues Album aufgenommen und dabei ganz viel ausprobiert. Was dabei genau ausprobiert wurde, wird nicht verraten. Man wurde schließlich von so viel beeinflusst, dass man gar nicht genau sagen könne, was alles passiert sei. Und in der Tat ist nicht viel passiert. Die neue Single klingt etwas reifer und druckvoller, aber schreit gerade zu nach Tokio Hotel. Man hört klar, dass wir das sind, meint Bill dazu. Da hat er recht. Ein hoher Wiederkennungswert ist ja auch nichts Schlechtes und im Business Gold wert.
Selbst im Ausland haben Tokio Hotel inzwischen eine Teenie-Hysterie ausgelöst. Für viele französische und osteuropäische Mädels sind die vier Magdeburger die Retter aus der Pubertäts-Misere. Deshalb spielen Tokio Hotel im Rahmen ihrer Tour im März und April auch in den großen Hallen von Budapest, Prag und Warschau. Trotzdem versteht man sich immer noch als deutsche Band, lässt Bill verlauten. Man werde auch weiterhin nur in Deutsch schreiben. Für das Ausland werde es nur ein paar englische Übersetzungen geben.
Trotz aller Abgebrühtheit wird bei dieser Pressekonferenz wieder mal deutlich, dass Tokio Hotel immer noch die netten Magdeburger Jungs sind. Sie hören keine Musik von ihrer unmittelbaren Konkurrenz, sondern lieber Nena und Green Day (Bill), deutschen Hip-Hop (Tom), System Of A Down und Metallica (Gustav) oder Fall Out Boy und Razorlight (Georg). Und sie können auch nachvollziehen, warum die Mädels andauernd schreien. Denn wenn sie selbst mal auf Angelina Jolie treffen würden, würde sie ja schließlich "auch ein bisschen quieken" (Tom). Ihrer Vergänglichkeit ist sich die Band dabei bewusst und hat deshalb angefangen, ihr Leben privat zu dokumentieren. "Sonst glaubt mir das später ja keiner", so Bill.
Tokio Hotel wissen also, wie ihre Aufgabe lautet und spielen das Spiel mit. Weshalb auch nichts über die Bedeutung des neuen Albumtitels "Zimmer 483" verraten wird. Und während Bill weiterhin durch die TV-Shows hoppelt und sein Rockstarleben sichtlich genießt, zimmert sich der zurückhaltende Gustav lieber eine Vitrine, um die ganzen Preise unterzubringen.
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hihi