laut.de-Kritik
Lego-Technik-Sound aus Krautrock, Psychedelica und Echtzeit-Loops.
Review von Christoph DornerIst das ein Orchester voller Didgeridoos am Anfang von "Set And Setting"? Veranstalten nicht eigentlich nur die Noise-Freaks Lightning Bolt so einen Krach wie in "One Hit"? Darf man wuchtige afrikanische Tribal-Drums über elektronischen Bollywood-Jungle laufen lassen wie in "A Way We Glow", ohne diplomatische Verwicklungen auszulösen?
Und das sind nur drei irritierende Fragen allein zu den ersten drei Songs des Debüts von Nice Nice auf Warp, dem Label für die ganz großen Elektronik-Pioniere. Den zwei Soundwissenschaftlern aus Portland eilt immerhin bereits der Ruf voraus, sensationelle Live-Erlebnisse zu kreieren. Auch "Extra Wow" löst diese gehobene Erwartungshaltung größtenteils ein. Das vielfach ausgerufene Meisterwerk ist das Album deshalb noch lange nicht.
Denn dafür erscheint ihr experimenteller, polyrhythmischer Lego-Technik-Sound aus Krautrock, Psychedelica und Echtzeit-Loops zwischen Eno und Acid bei allem Crescendo-Wahnsinn doch auf Dauer etwas zu wenig song-orientiert. Wer allerdings schon die analogen Frickeleien der Sub Pop-Band Holy Fuck gut fand, dem wird ob der perkussiven Energie-Potenzierung von "On And On" schlicht der Atem stehen bleiben.
"Big Bounce" ist tatsächlich mal verhallter Freak-Pop im Stil von Panda Bear, auf den mit "See Waves" allerdings schon wieder kleingehackter Math-Prog wie bei den Labelmates Battles folgt. Auch deren Soundexzesse sind spektakulär wie tanzbar, nur besitzen auch diese ein gewisses Enervierungspotenzial, dass auch Nice Nice anhaftet.
Gut, dass mit "A Vibration" noch einmal ein dynamisierter Shoegazing-Moment folgt, ehe Space- und LSD-Trips einen wieder mit Feedback-Zündungen willenlos durch Raum und Zeit schicken. Hörer an Nice Nice, wir haben ein Problem: "Extra Wow" ist ein schöner Titel. "Schall Und Wahn" hätte aber noch besser gepasst.
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