laut.de-Kritik

Entwaffnend ehrliche Geschichten.

Review von

Pelle Carlbergs Musik klingt beschwingt und oft auch fröhlich. Das sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass hinter vielen seiner witzigen und ironischen Texte eine melancholische und nachdenkliche Stimmung steckt. Vor allem sind sie aber eins: Entwaffnend ehrlich. Nicht wenige Geschichten und Momentaufnahmen seines Solo-Albums "Everything.Now!" scheint Carlberg, früher Kopf der schwedischen Indie-Popper Edson, mitten aus seinem Alltag gegriffen zu haben.

Auch wenn es Carlbergs Leben ist, aus dem die Geschichten stammen, erkennt doch ein jeder gewisse Situationen wieder. Zum Beispiel diese: Nach der Arbeit kommt man abends nach Hause, macht es sich bequem, hört Musik oder glotzt in die Röhre - das Telefon klingelt. Es gibt Menschen, die können einfach sagen, dass sie kein Interesse hätten, während andere jede noch so bescheuerte Marktforschungsumfrage mitmachen. Vielleicht lassen sie sich hinterher noch ein Abo für eine TV-Zeitschrift zu Sondertarifen andrehen. Die Teflon-Bratpfanne als Geschenk dazu? Warum nicht.

Anschließend ist der Ärger groß, Katerstimmung kommt auf. Nicht nur Zeit, sondern auch noch Geld verschwendet. Carlberg packt diese Thematik in eine dramatische Ballade und bringt sie auf den Punkt, indem er fleht: "Don't sell me things I don't need/Don't make me buy all those dreams/I can't say no to a human voice".

"Bastards Don't Blush" bringt als herrlich erzählter Mitpfeif-Popsong die Erkenntnis, dass nur Bastarde sich selbst beweihräuchern können, ohne dass es ihnen die Schamesröte ins Gesicht treibt. Das Album ist voll solcher augenzwinkernder textlicher und muskalischer Schätze. Allein der Titel "How I Broke My Foot And Met Jesus" verdient Bewunderung.

"Go To Hell, Miss Rydell" handelt davon, dass Carlberg eine Musikjournalistin anruft, um sich über einen Artikel zu beschweren. Sparsam instrumentiert mit Gitarre, Schellenkranz und Bass. Der Backgroundchor klingt an den wenigen Stellen, an denen er zum Einsatz kommt, etwas nach den "Comedian Harmonists".

Nachdenklichkeit produziert "Mind The Gap". Besonders gut platziert ist das Cello, es verleiht dem ganzen Song eine getragene Erhabenheit. Klar, jeder hat doch im Alltag mal weggeschaut, obwohl es nötig gewesen wäre, einzugreifen, sagt Carlberg mit diesem Stück und nimmt sich selbst davon nicht aus.

"Everyting.Now!", das bedeutet vierzig Minuten geschmeidiger Popsongs, die danach verlangen, auf Auto-Repeat zu rotieren. Das Schöne daran: Sie werden nicht langweilig, man hört sich nicht satt. Sie sind nicht nur süß und nicht nur bitter, sondern haben von beidem etwas. Hier steckt viel Alltagsweisheit darin - und zwar ohne Besserwisserei.

Trackliste

  1. 1. Musikbyran Makes Me Wanna Smoke Crack
  2. 2. Bastards Don't Blush
  3. 3. Telemarketing
  4. 4. Tasteless Offer
  5. 5. Go To Hell, Miss Rydell
  6. 6. Riverbank
  7. 7. Oh No! It's Happening Again
  8. 8. How I Broke My Foot and Met Jesus
  9. 9. Summer Of '69
  10. 10. I Had A Guitar (Bjärton and I)
  11. 11. Mind The Gap

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