laut.de-Kritik

Synthpop zwischen Himmel und Erde.

Review von

Sowohl Rap-Mogul Jay-Z als auch Indie-Darling Bon Iver gehören zu ihren Fans. Letzterer ließ sich sogar zu dem Kompliment "Sie sind die beste Band, die ich je gehört habe" hinreißen. Die derart gepriesene Formation aus Minneapolis um die charismatische Sängerin Channy Leanagh alias Poliça präsentiert ihr inzwischen viertes Album. "When We Stay Alive" folgt der 2018 erschienenen Kollaboration mit Stargaze, "Music For The Long Emergency".

In der Verschmelzung von Indie und R'n'B setzt nun Neo-Soul Akzente. Ab und an blitzen The XX oder FKA Twigs durch. Insgesamt überstrahlt maßgeschneiderter Synthie-Pop die zehn Songs, so dass das Album wie aus einem Guss wirkt.

Zugleich fragil und freudig, scheinen die Tracks geradezu zu schweben: Mal tauchen sie in Goth-Pop-Welten ein, mal wähnt man sich in verschleppten Dub-Träumen, dann wieder hören wir straighten Elektro wie im Herzklopf-Hit "Driving". Auch lieblicher Indiefolk erklingt inmitten der synthiegeschwängerten Songs, etwa im schönen "Steady".

Die merkwürdige Atmosphäre zwischen tänzelnden Sounds und verhaltenen Melodien ist vielleicht dem Umstand ihrer Entstehung zu verdanken: Leanagh schrieb die Songs, während sie sich von einem Sturz vom Dach erholte und über Monate hinweg bewegungsunfähig war. Um dieses Trauma zu verarbeiten, stellte sie sich vor, statt auf den harten Beton gekracht auf einer Wolke gelandet zu sein.

Man hört den Liedern förmlich an, wie sie sich danach sehnt und streckt, wieder handlungsfähig und kreativ zu sein. Leanagh beschrieb diesen Prozess als "eine neue Geschichte für sich selbst erschaffen". In diesem Sinn feiert "When We Stay Alive" tatsächlich das Leben: nicht laut, nicht leise, aber sehr verspielt, verträumt, vertrackt.

Trackliste

  1. 1. Driving
  2. 2. TATA
  3. 3. Fold Up
  4. 4. Feel Life
  5. 5. Little Threads
  6. 6. Be Again
  7. 7. Steady
  8. 8. Forget Me Now
  9. 9. Blood Moon
  10. 10. Sea Without Blue

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