Saweetie

Es gibt diese Artists, die ein bisschen größer sind, als man denkt. Saweetie ist eine von ihnen: Sie fliegt schon seit vielen Jahren unter dem Radar mit und taucht für die Allgemeinheit mal hier, mal da auf, aber wenn man sich dann die absoluten Zahlen anschaut, die sie schreibt, sind die mehr als beeindruckend. Rekonstruiert man diese Bewegung, findet man eine Karriere, die neben guter Musik auch von einem ziemlich robusten Netzwerk zeugt.

Saweetie stammt aus der Bay Area und lässt die Westküste auch ihre Musik beeinflussen. Während andere Rapper*innen für ihre Karriere die Schule bei erster Gelegenheit schmeißen, macht sie sogar noch das College fertig und steht vor Anfang ihrer ernsten Schritte in der Musikindustrie mit einem Abschluss in Kommunikation und Wirtschaft da. Einem College, das sie erst nicht haben wollte, schreibt sie ihrer Aussage nach einen so überzeugend wütenden Brief, dass sie daraufhin tatsächlich akzeptiert wird.

Trotzdem macht sie bereits ab 2013 ihre eigene Musik, wenn auch eher in einer Lane, in der sie sich af das Material anderer Artists stützt. Sie wird dadurch früh eine Person, von der man auf Social Media schon einmal gehört hat; es braucht aber bis 2016, dass ihr Remix von einem Khia-Track so richtig viral geht. Sie nimmt den Beat variiert mit und macht daraus ihren ersten richtigen Hit, "Icy Girl", einen Namen, den sie noch eine Weile mit sich tragen wird.

Dieser Song zählt auf YouTube inzwischen über 100 Millionen Views und bildet das Fundament für ihre erste EP "High Maintanance"; doch bevor diese erste EP überhaupt erscheint, geht sie ganz sicher, dass sie wirklich überall auf dem Radar ist. Sie wird Artist der Woche bei Tidal und Newcomer des Monats bei Pigeons & Planes, taucht in Rihannas Superbowl-Werbung auf und gründet ihr eigenes Label Icy Records. Dass sie weiß, wie man die Industrie navigiert, hat sie übrigens nicht nur von ungefähr: Immerhin ist ihr Cousin Zaytoven und ihr Onkel MC Hammer – da kommt wohl einiges an Knowledge zusammen.

Von hier an kann man ihre Karriere als lange Liste von heißen Songs zusammenfassen, denn auch, wenn ihr Debütalbum "Pretty Bitch Music" mehrmals verschoben wird und auch der Titel sich angeblich ändern soll, versandet der Strom an Musik keineswegs. "My Type" ist ein absoluter TikTok-Brecher mit einer sehr Meme-baren Hook, ähnlich läuft es für den Song "Best Friend" mit Doja Cat. Beides werden große Hits auch auf Billboard, gleichzeitig beginnt sie, Quavo von den Migos zu daten.

Ein amtlicher Celebrity-Status, der sich da herausbildet, und sie weiß auch, wie man sich breiter aufstellen kann, ohne die anstrengenden großen Moves in der Szene zu machen. Saweetie ist zum Beispiel eine von denen, die früh komplett das Remix-Game versteht und sich zum Beispiel für "Tap In" die denkwürdige Kombo aus DaBaby, Post Malone und Jack Harlow rekrutiert. Aber noch wichtiger scheint, dass sie ein Go-To-Featuregast für Popsongs wird. Gute Rapper*innen, denen man bedenkenlos dieses Pop-Feature anvertrauen kann, gibt es nämlich gar nicht so oft.

So landet sie auf Songs mit Ava Max, Little Mix, den Black Eyed Peas, IVE oder Charli XCX. Das ist kein Weg in die GOAT-Debatte, aber es ist einer der Gründe, warum viele Leute schon einmal von Saweetie gehört haben. Da braucht es dieses Debütalbum auch nicht, ob es nun "Pretty Bitch Music" oder nicht heißen wird. Saweetie spielt das Game wie eine verdammte Fiedel, macht stressfrei Hit nach Hit und hält sich aus Skandalen oder Beefs einfach gänzlich raus. Für die alleinige Frage, wie man sich im Musik-Business unproblematisch verhalten könnte, ist sie quasi die Master-Class.