laut.de-Kritik

Aus kratzbürstigen Anti-Rabauken werden müde Mitläufer.

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Als Musiker hat man es aber auch nicht leicht. Ständig wollen einem "zu viele Mädchen ohne Namen" an die Wäsche. Dauernd wird "gestrecktes Koks von völlig Unbekannten" gereicht. Und irgendwann ist man dann zwangsläufig nur noch "unterwegs bei vernebelter Sicht". Ja, so ein Musiker- insbesondere Punkrockerdasein – ist beileibe keine Zuckerschlecken. Christian Eschweiler kann davon ein Lied singen ("Ich Bin So").

Der Sänger der Frankfurter Punkrock-Combo Serum 114 mimt aber nicht nur auf dem Rausschmeißer des neuen Albums "Die Nacht Mein Freund" den Angeschlagenen. Auch Songs wie der eröffnende Titeltrack, die treibende Radiopunknummer "Mein Leben Meine Wahl" und der geschmeidige Mike Ness-Kniefall "Wilde Zeit" beschäftigen sich mit dem nicht immer sorglosen Leben als Stinkefingerzeiger.

Passend zu den Alles-nicht-so-einfach-Anekdoten präsentiert sich auch der musikalische Background eher Moll-lastig und bisweilen von einer gewissen Trägheit geprägt. So richtig zünden nur wenige Songs des Jubi-Albums der Hessen. Es scheint fast so, als gingen Serum 114 nach zehn Jahren im Business so langsam die Ideen aus.

Die Trademarks präsentieren sich mittlerweile so festgefahren, dass man der Band auch nach dem dritten Durchlauf lediglich zur wiederholt gelungensten nationalen Social Distortion-Trittbrettfahrt gratulieren kann. Mehr ist leider nicht drin.

Das Ganze könnte man in puncto Sound und Energie natürlich auch unbearbeitet nach Düsseldorf verschicken. Ohne "Esches" Gesangspuren präsentiert sich hier nämlich das ideale Instrumentalpaket für eine weitere TV Smith-Die Toten Hosen-Kollaboration.

Die Fahne der Stagnation am höchsten hält dabei Frontmann Christian Eschweiler. Monoton, fast schon lustlos kaut der Sänger seine Phrasen breit. Während der Strophen möchte man ihm am liebsten gängige Aufputschmittel verabreichen, so träge und emotionslos hängt er am Mikrofon.

Erst zum Refrain hin klingelt der Wecker. Guten Morgen! Schön geschlafen, der Herr? Scheinbar schon; denn sobald sich etwas weichgespültere "Bonnie Und Clyde"- und "Don't Take Me For Granted"-Klone wie "Ich Lebe" und "Mein Leben Meine Wahl" von ihren Ketten lösen, tritt auch "Esche" aufs Gaspedal. Bis es so weit ist, ist der Drops aber meist schon gelutscht.

Schlussendlich zuckt man ratlos mit den Schultern. Scheinbar scheint Kubriks Wunderserum nach 45 Jahren doch noch seine eigentlich vorgesehene Wirkung zu entfachen. Aus Kriminellen und Psychopathen werden gute Bürger. Oder wie im Fall von vier Punkrockern aus Frankfurt: Aus kratzbürstigen Anti-Rabauken werden müde Mitläufer. Schade. Traurig. Ärgerlich.

Trackliste

  1. 1. Die Nacht Mein Freund
  2. 2. Mein Leben Meine Wahl
  3. 3. Wilde Zeit
  4. 4. Schlaflos
  5. 5. Ich Sehe Rot
  6. 6. Ich Lebe
  7. 7. Lasst Mich Gehen
  8. 8. Wie Lange Noch
  9. 9. Der Rosenkrieg
  10. 10. Betäubt Von Dir
  11. 11. Lia
  12. 12. Gute Nacht, Freunde
  13. 13. Ich Bin So

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