laut.de-Kritik
Lieder über Mädchen und die Sinnlosigkeit des Seins.
Review von Bine JankowskiBeim Blick auf das Cover des vorliegenden Albums schwingt die innere Kompassnadel in Richtung New York, direkt auf eine dieser piekfein gestutzten Baseballwiesen. Der Bandname in Schönschrift auf roten Streifen erinnert stark an die typischen Outfits der keulenschwingenden Sportler. Im musikalischen Inneren lauern jedoch übellaunige, verschwitzte Quarterbacks mit Kriegsbemalung, wahlweise auch Hank Van Helvete mit Plüschlendenschurz.
So klingen Silverbug, die nicht nur soundtechnisch mit Turbonegro in ein Familienalbum gehören. Hank, die bärtige Comicrock-Ikone aus Norwegen kann den Newcomern quasi über die 1.630 km lange Grenze in ihren schwedischen Vorgarten spucken. Somit gehören auch Silverbug zur stetig anwachsenden Gattung der skandinavischen Rockbands.
Allerdings erfüllt der Vierertrupp aus Stockholm nicht den Regelfall Indierock, ihre Muse küsst lieber mit aufgesprungenen Lippen und Bierfahne. Silverbug reagieren mit "Rub It Off On Me" und präsentieren ihre stilistischen Lieblingsbausteine: Die kratzige Frontsau Chris N lässt sich gerne von seinem grölenden Männerchor (Bassist Han Sola und Gitarrist Von Home) bestätigen; seine Schrammelgitarre trifft meist auf ein nöliges Solospiel seitens Home. Auch greifen die Schweden zu traditionsreichen Themen: Lieder über Mädchen oder über die Sinnlosigkeit des Seins (vor allem der Arbeit) und Mitleidsongs an Pseudorocker.
Die guten alten Drogen dürfen da natürlich nicht fehlen. "Let's Get Lost" erzählt in üblicher Manier vom Teufelsgrinsen, Krämpfen und der bald folgenden Mottenplage im Portemonnaie. Zugedröhnt auf dem Sofa liegend, lässt sich manch interessante Feldstudie durchführen. Die schockierenden Ergebnisse präsentiert wenig später "What's It All About": "Mama's working, 9 to 5! Sister's working, 9 to 5! Brother ain't working down in India. The plumber's working, 9 to 5! The teacher's working ..." Nur man selber nicht. Schon komisch ...
Zu seinem Glück bricht "Louisiana Hayride" aus dem typischen Muster aus und überzeugt mit einem Hauch von Melodie, die das stetige Drei-Akkord-Punkschema etwas auflockern. Mit den letzten Songs kehren Silverbug wieder zu ihren Wurzeln zurück. Keine Experimente, Hauptsache rocktechnisch aufs Gaspedal und schreien bis die Stimmbänder reißen. Auch wenn die norwegischen Vorbilder im Ansatz immer gegenwärtig sind: Bis Silverbug ihre Plauze so lässig über den Hosenbund schlabbern lassen können wie Herr Van Helvete, bedarf es melodischer und textlicher Reife. Nicht zu vergessen: Charme.
Zwar schlagen die Schweden ihrer Hörerschaft mit "Your Permanent Record" ein starkes Punkrockbrett um die Ohren, jedoch fehlt es diesem eindeutig an Tiefe. Davon bleibt wohl nicht einmal ein blauer Fleck.