laut.de-Kritik

Wie ein schlechter Abklatsch ihrer selbst.

Review von

Mit "Svartir Sanda" und "Ótta" schufen Sólstafir zwei der eindringlichsten Alben der 2010er Jahre. Auf "Berdreyminn" offenbarten sie zuletzt jedoch deutliche Schwächen und Anzeichen von künstlerischer Stagnation. Dieser Trend setzt sich nun fort. Über weite Strecken agieren die Isländer wie schlechte Nachahmer ihrer selbst.

Allzu oft suhlen sich Aðalbjörn Tryggvason und Kollegen auf "Endless Twilight Of Codependent Love" im Selbstzitat und vernachlässigen sowohl Dynamik als auch Songdramaturgie. Der Opener "Akkeri" wirkt wie drei ungelenk ineinander gesteckte Nummern und zündet erst mit der Outro-Melodie. Bei "Drýsill" walzen Sólstafir eine einzige Idee über fast sechs Minuten aus und ziehen das Stück dann noch mit einem melodienlosen Pseudoklimax auf fast neun Minuten in die Länge.

"Rökkur" verspricht zunächst Besserung. Der Song zieht mit bedächtiger Glockenspiel-Melodie in seinen Bann und als Schlagzeug, ein psychedelischer Wah Wah-Drone und Tryggvasons Vocals einsetzen und sofort packen, meint man, endlich den Lichtblick gefunden zu haben. Doch statt die spannend begonnene musikalische Geschichte des Songs auszuerzählen, lassen Sólstafir ihn halbfertig stehen und mäandern geschlagene fünf Minuten mit minimaler Variation vor sich hin.

Machen wirs kurz: Auch den Rest der Spielzeit auf "Endless Twilight Of Codependent Love" füllen Sólstafir größtenteils mit unterdurchschnittlichem Material. Die Trademarks sind zwar alle da. Die Bandidentität zwischen Postrock, Psychedelic und Stoner Fuzz ist intakt. Im bluesigen "Or" versucht das Quartett sogar neue Elemente zu integrieren. Doch das Leben fehlt.

Zwei Ausnahmen bestätigen die Regel. Für "Dionysus" buddeln Sólstafir ihre (schwarz-)metallischen Wurzeln aus und kombinieren sie mit weirdem Dance-Feel. Wenigstens kurz erlebt man hier die Verschrobenheit der Band in all ihrer bisweilen genialischen Pracht. "Til Moldar" ist der totale Gegenentwurf: eine sanfte, von Klavier und schwebenden Ambientflächen getragene Ballade, in der Tryggvasons seine zerbrechlichen Vocals hervorragend in Szene setzt. Der Soundtrack zum Tränentrocknen auf einem insgesamt enttäuschenden Album.

Trackliste

  1. 1. Akkeri
  2. 2. Drýsill
  3. 3. Rökkur
  4. 4. Her Fall From Grace
  5. 5. Dionysus
  6. 6. Til Moldar
  7. 7. Alda Syndanna
  8. 8. Or
  9. 9. Úlfur

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5 Kommentare

  • Vor 3 Jahren

    Ich mah Sólstafir eigentlich sehr gerne, aber hier kommt über weite Strecken tatsächlich Langeweile auf. Nach mehreren Durchläufen entdeckt man zwar hier und da mal ein nettes Arrangement, aber insgesamt kann man getrost zu den alten Scheiben greifen und diese hier im Laden stehen lassen

  • Vor 3 Jahren

    Seh ich komplett anders. Mir taugt gerade, dass es an vielen Stellen unsauber und nicht fertig ausproduziert wirkt. Von diesen klinisch sauberen Produktionen gibt's doch schon genug Auswahl.
    Ist aber alles Geschmacksache.

  • Vor 3 Jahren

    Otta war für mich ihre mit Abstand schlechteste Scheibe bisher, Berdreyminn hat versöhnt.
    Wer die letzten zwei Platten mochte und jetzt da ne logische Fortsetzung erwartet, wird enttäuscht werden. Man greift die experimentelle Phase von Svartir Sandar auf und platziert gänzlich neue Elemente.
    Kopie von sich selbst? Naja. Eher in den Phasen, die dem Rezensent ja tatsächlich zusagen. Dyonisus ist der schlechteste Song auf dem Album, und das, obwohl ich die alte Phase der Band mit am liebsten mag. Her Fall From Grace hat mir allein als Single auch nicht sonderlich gefallen.
    2/5? Absoluter Witz die Wertung, I'm sorry not sorry.
    Drysill ist auch nicht weniger "einfallslos" als ein Fjara (wenn auch eine komplett andere Stimmung)

  • Vor 3 Jahren

    Sorry, ich finde die Scheibe einfach nur Geil!

  • Vor 3 Jahren

    Band ist eindeutig zu gehypt, obwohl ich sie auch in meiner Plattensammlung habe.