laut.de-Kritik

Grazil und zerbrechlich führt Josepha Conrad durch ihre Songs.

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Im Grunde gibt es Susie Asado gar nicht. Hinter der Kunstfigur, nach einem Gedicht von Gertrude Stein benannt, versteckt sich seit 2007 die Singer/Songwriterin Josepha Conrad. Aufgewachsen zwischen Frankfurt am Main und Chicago schreibt die heute in Berlin wohnende Weltenbürgerin alle ihre verschrobenen Lieder selbst.

Die Songs der modernen Undine, Seestern im Haar, Ukulele in der Hand, werden von Filous, Beutelschneidern, Haderlumpen und Bauernfänger bevölkert. Im Irrgarten von "Onward Aeropuerto" treffen wir unter anderem auf Johnny, den KGB-Spion, eine Art Deco Lady im Fledermauskleid und einen großen Hai.

Im Gegensatz zum Vorgänger "Traffic Island" fährt die Sängerin die Arrangements stark zurück, bis nur noch minimalistische Skizzen von ihnen bleiben. Die Aufmerksamkeit steht ausschließlich auf ihrer Stimme und ihren Geschichten. Grazil und zerbrechlich führt Conrad durch ihre Songs, die zwischen Element Of Crime, Amanda Palmer, Brecht und Weill hin und her driften.

Anfangs noch zugänglich, zerfasert das Album mit weiterem Verlauf mehr und mehr. Die Stille gibt Susies prominentesten Nebendarsteller. Oft unterstützen sie nur noch eine Gitarre oder eine Ukulele. Wenige Farbtupfer liefern Noël Rademachers dezentes Schlagzeug, ein Kontrabass oder Trompeten. Nur selten stehen den Erzählungen der Susie A. mehr als zwei Instrumente zur Seite. Ein bedächtiger Seiltanz über Stromleitungen. "Mit jedem Schritt neue Kraft gewinnen und tanzen bis die Funken singen."

Wie einst auf "Weißes Papier" humpelt die angezerrte Gitarre in "Retrospective" über den gebrochenen Marsch eines zaghaften Schlagzeugs, bis die schunkelnde Melancholie von einem Theremin den entscheidenden Stich ins Herz versetzt bekommt. Ihre Ukulele packt Josepha Conrad erstmals in "The Ballad Of Johnny" aus. Ein grobkörniger Spionagefilm in schwarz-weiß, von Ariel Sharratts Klarinette versüßt.

"A big shark came to my house / we made brunch and sang songs / He showed his teeth / My mind went wild helicopters." Im Titeltrack "Onward Aeropuerto" unterstützen nur die windschiefen Bläser der Band "The Burning Hell" Conrads ungeschminkte Aura. Zweimal weicht die Sängerin auf deutsche Texte aus. Im ansonsten englischen Umfeld wirken diese im ersten Moment verstörend, entpuppen in "Drei Steine" und "Mach Einen Knoten" aber schnell ihren gläsernen Liebreiz. "Zähle zehn Finger, zwei Arme, zwei Beine und ein Kopf und ein Herz / Zähle das alles dran bleibt und heil bleibt / Ohne Scherben und ohne Schmerz."

Jospeha Conrad schafft ihrer Susie Asado eine eigene kleine Welt zwischen Chansons und Kleinkunst, für die sie Dirk von Lowtzow einst wohl zutiefst verachtet hätte. Auf ihre eigene kauzige Art verbindet sie Musik und Dichterei voll inhaltlicher Verdrehtheit. Wie Owen Wilson in Woody Allens "Midnight In Paris" scheint sie ganz der Vergangenheit verfallen. In scheuer Schwärmerei schirmt sie ihre strauchelnde Heldin zwischen Rückblende und Scheinwelt von der Moderne und der Wirklichkeit ab. "We should kiss under umbrellas / Visit gorillas and chinchillas at the zoo / It isn't far / We can take the dining car all the way to Rome or take it home."

Trackliste

  1. 1. Clouds
  2. 2. Retrospective
  3. 3. The Ballad Of Johnny
  4. 4. Drei Steine
  5. 5. Monstera Deliciosa
  6. 6. Three Cup Shuffle
  7. 7. If, A Letter, "O"
  8. 8. Onward Aeropuerto
  9. 9. Dear Immigration Officer
  10. 10. Train Of Thought
  11. 11. Mach Einen Knoten

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