laut.de-Kritik
Wortgewandter Rap aus Grevenbroich.
Review von Bine JankowskiDer "Widerstand" beginnt mit einer Violine. Moment mal. Was hat ein derart feinfühliges Orchesterinstrument mit fetten Beats und reimeschwingenden MCs zu tun? Nach erster Verwirrung gebe ich der "Steuererklärung", dem Debütalbum des Rappers Tax, eine Chance und muss erkennen: Eine ganz Menge.
Der junge Mann aus Grevenbroich, der schon als Supportact von Kool Savas und RAG auf der Bühne stand, denkt nach, bevor er den Stift auf das Papier setzt und seine Lyrics niederkritzelt. Entgegen dem Trend und damit den Serviervorschlägen à la Aggro Berlin setzt Tax auf Inhalt und weniger auf "Nutten und Crack - provokationshalber". So auch der Opener "Widerstand": Es geht um's Nicht-Mehr-Wegsehen und Nein-Sagen-Können. Das anfangs verwirrende Orchesterinstrument steht nun auch nicht mehr alleine da. Zur eingängigen Violine gesellen sich perfekt abgestimmte Drums, und zusammen macht das ganz schön Kopfnicken.
Raptechnisch auf die Zwölf gibt's bei "Tax". Klar, jeder MC braucht seinen Representer Rap, aber live kommen die häufig verwendeten Mitgröhlvokale wahrscheinlich viel besser als durch schaumstoffgepolsterte Kopfhörer. Das verzerrte Schlagzeug aus dem Synthie tauscht im Anschluss zwar den Platz mit einer leicht melancholischen Flamenco-Gitarre, die Thematik aber bleibt die gleiche: In "Leben" blickt Tax in sich hinein, findet seine Liebe zur Musik und zum gemütlichen Bierchen mit seinen Freunden.
Wie bei dem schön souligen, Freundeskreis nicht unähnlichen "Es trifft immer die Falschen" hat sich der wortgewandte Grevenbroicher bei "Onelove" eine Sängerin ins Boot geholt. Beide Mädels bringen einen guten Schuss Melodie in die Geschichte und ergänzen damit die mit Bedacht gewählten Zeilen des Rappers.
Ebenso melodisch gestaltet sich das letzte Lied des Albums, "Frieden". Diesen Part übernimmt aber dieses Mal das Klavier. Und wieder schlägt Tax eine sozialkritische bis politische Richtung ein. Armut, Krieg, Ungerechtigkeit thematisiert er, und das aus ganz aktuellem Anlass oder in Verbindung mit der blutigen Vergangenheit. Man merkt, dem MC gehen die, sich stetig wiederholenden Episoden der Gewalt gründlich gegen den Strich. Er informiert sich, setzt sich ein und will den Leuten vor dem Lautsprecher endlich den Arsch aus dem Sessel pusten. Das schafft er auch ohne die weinerlich-verstimmte Grundatmosphäre eines Herrn Naidoo und überzeugt sowohl mit seinen Lyrics als auch mit den abwechslungsreichen Beats.
Insgesamt ist die "Steuererklärung" keine musikalische Untermalung für den Raum zwischen Tür und Angel und auch nichts für's halbe Ohr - Zuhören ist angesagt. Wem die fast stetig präsente Kritik am System und der Welt an sich nicht zu viel wird, hält mit dieser Platte eine äußerst gelungene Neuerscheinung in den Händen.
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