laut.de-Kritik
Gutgelaunter und melodieverliebter Brit-Pop.
Review von Martin LeuteEs ist schon erstaunlich, dass ausgerechnet die Bluetones im zwölften Jahr ihres Bestehen noch ein solches Durchhaltevermögen besitzen und noch immer Platten veröffentlichen. 1994 gründeten die Brüder Mark und Scott Morris die Band in Hounslow bei London und galten in Indie-Kreisen mit ihrem Debüt "Expecting To Fly" bald als eine der vielversprechendsten Bands ihrer Generation. Unter den Britpop-Combos ist ihnen der Sprung ins Rampenlicht aber nie wirklich gelungen. Immer im Schatten der großen Oasisund Blur und auf Augenhöhe mit Bands wie Cast oder Dodgy fristeten sie ein Dasein in der zweiten Reihe.
Aber, sie sind noch da, unbeeindruckt, und haben nun, drei Jahre nach dem aufmüpfigen "Luxembourg" ihr fünftes, schlicht "The Bluetones" betiteltes Album auf Cooking Vinyl herausgebracht. Ich habe die Bluetones immer wegen ihrer Nettigkeit geschätzt, ihrer Bescheidenheit, die sich auch in den Songs widerspiegelte, der gewissen Harmlosigkeit ihrer Alben, von Brüchen und schrägen Inszenierungen wollten sie nichts wissen. "The Bluetones" ist wieder so ein Album mit zehn gutgelaunten, unaufgeregten Gitarrenpopsongs, die so harmlos schön daherkommen, dass sie Gefahr laufen, überhört zu werden. Kurz: Großartige Melodien, nette Harmonien; die Bluetones liefern mit dieser Scheibe ihr homogenstes und bislang bestes Werk ab.
Der tolle Opener "Surrender" startet sehr entspannt mit einem sonnigen Gitarrenriff, Mark Moriss' sympathisch nasale Stimme setzt ein, bis sich zum eingängigen Refrain eine zweite Stimme dazu gesellt. Das ist Pop in seiner vollendeten Form. In "Baby, Back Up" ist die Gitarre treibender, findet aber im niedlichen Keyboardspiel einen Ausgleich. In den ruhigeren Stücken "Hope & Jump" und "Fade In/Fade Out" fügt sich sanft ein Cello ein, in "Wasn't I Right About You" ein Bläser und ein Glockenspiel. Das straff arrangierte "Head On A Spike" strotzt dagegen genauso vor Dynamik wie "My Neighbour's House" mit einer permanenten Gitarrenwand.
Allen Songs gemeinsam ist diese unglaubliche Melodieverliebtheit mit einem dezenten Hang zu Dramatik und diese ständig funkelnden zweistimmigen Harmonien. Dazu kommt die angenehme, schnörkellose Produktion, die auf opulente Arrangements verzichtet und den Liedern den Raum lässt, den sie brauchen. Thematisch lässt dieses Album nichts aus: Ein Kanalschwimmer in Frauenkleidern ("Fade In/Fade Out") findet ebenso Platz wie die Liebe in schönen und weniger schönen Momenten ("Wasn't I Right About You", "The Last Song But One") und die Apathie unserer Generation gegenüber verschiedenen Problemen ("My Neighbour's House").
Die Bluetones sind sich treu geblieben. Sie werden wohl auch mit diesem Album keine Höhenflüge mehr machen, sie sind aber unbeirrbar dabei, nach wie vor erfrischende Songs zu schreiben und die Welt mit ihrem eingängigen Gitarrenpop zu beglücken. Wem Travis zu lieblich klingen oder Keane zu pompös, und wer außerdem "Howdy!" von Teenage Fanclub oder Spearmint mag, der sollte "The Bluetones" seine Aufmerksamkeit schenken. Schön, dass diese Briten uns in der Flut unzähliger Britpop-Bands erhalten geblieben sind.