laut.de-Biographie
The Brand New Heavies
"Du musst wissen, dass Jan Kincaid (Schlagzeug) und Simon Bartholomew (Gitarre) seit ihrem fünften Lebensjahr befreundet sind. Ich habe sie ja erst mit zwölf kennen gelernt", erläutert Andrew Levy (Bass/Keyboards) die Ursprünge der Brand New Heavies. Anfang der 80er beschließen die drei Freunde, ihre gemeinsame Vorliebe für die Black Music (Funk, Soul, Disco) der 60er und 70er zur Freizeitbeschäftigung Nummer eins zu erklären.
Ihre ersten ernst zu nehmenden Gigs spielen sie auf illegalen Partys der Mittachziger. "Wir begannen damals mit dem Jammen auf Warehouse-Partys, nur unterstützt von einfachsten Tonanlagen. Diese Rauheit, die man beispielsweise auch auf den Alben von James Brown hören kann, blieb immer ein wichtiger Teil in unserem Tun. Wir achten darauf, uns niemals zu weit davon zu entfernen", erläutern die Heavies ihre musikalischen Prinzipien.
Anfang der 90er winkt der erste Plattendeal. 1992 veröffentlicht die Band das herausragende Album "Heavy Rhyme Experience, Vol. 1". Mit von der Partie sind The Pharcyde, die darauf ihre erste Aufnahme veröffentlichen, und Gang Starr. Der Acid Jazz-Hype keimt gerade auf. Während seiner Hochzeit werden die Heavies als Gründerväter und eine der erfolgreichsten Bands des Genres gefeiert. "Brother Sister" (1994) fährt in England dann Platin ein und trägt auch seinen Teil zum anstehenden Neo-Soul-Hype bei. Imselben Jahr steigt Sängerin und Soulkehle N'Dea Davenport nach vier Jahren Brand New Heavies aus.
Nachdem der Acid Jazz-Boom sich gegen Ende der 90er selbst überholt, wird es still um die Heavies, Gallianos, Jamiroquais und all die Helden der kurzen, aber heftigen Ära. 1997 veröffentlichen sie ihr vorerst letztes Album "Shelter". 1998 erscheint Davenports Solo-Album, zwei Jahre später steuert sie ihre Stimme noch für einen neuen BNH-Track anlässlich der Veröffentlichung einer Best-Of in den USA bei.
Acht Jahre später ist die Zeit für ein Comeback reif. "Die Musik im kommerziellen Bereich ist heute nahezu homogenisiert - es sieht alles gleich aus und hört sich gleich an. Das führt im Ergebnis dazu, dass die Menschen wieder nach etwas mit Ecken und Kanten suchen". Dafür sind die Heavies mit ihrer Leidenschaft für rohe, echte Musik seit eh und je verantwortlich.
"Es ist nicht immer einfach, doch wir waren bis jetzt stets in der Lage, noch einmal von vorne anzufangen und neue Wege zu finden. Dabei haben wir immer nur Musik gemacht, an die wir glauben konnten." Bis zu diesem Zeitpunkt verankern 15 Top 20-Titel diesen Glauben auch in der realen Welt, dennoch resümiert die Band: "Es hatte sich in der Musik und der Industrie so einiges geändert und so mussten wir herausfinden, ob und wenn ja wie wir da hineinpassen und wie wir klingen wollen."
Den Mikrofon-Posten für das Comeback-Album "All About The Funk" besetzt die feurige und selbstbewusste Sängerin Nicole Russo. "Wir hatten bisher viele verschiedene Vokalistinnen (neben Davenport bereits Jay Ella Ruth und Siedah Garrett). Jetzt sind wir wieder eine richtige Band - und so lässt es sich am besten arbeiten."
Doch mit dem Lonplayer "Get Used To It" kehrt 2007 die verlorene Tochter N'Dea Davenport wieder ins Line-Up zurück. Die Platte erfindet das Rad mit gepflegt groovendem Midtempo-Pop zwischen Funk, Soul, Disco und ein wenig R'n'B zwar nicht neu.
Tiefe Basslinien, akzentuierte Bläsersätze, satt strukturierte Drumpatterns und eine mal mehr, mal weniger unterschwellige Erotik: dank des makellosen Soul-Organs Davenports avanciert die Platte zu einem relaxten und hochwertigen Hörerlebnis, das die Brand New Heavies auch live bieten. Die Frontfrau bringt sich mittlerweile nicht nur ins Songwriting ein, sondern redet auch bei Album-Produktion und technischen Fragen mit. "We've Got" heißt der lässig reduzierte und urban groovende Opener.
Da der Musikstil sich immer schon als Begleit-Sound anbietet, lassen sich The Brand New Heavies für so genannte Library Music beauftragen. Das heißt, sie machen Aufnahmen, die Funk und Film lizenzfrei zur Verfügung stehen. Dann beschäftigt sich das deutsche Label earMusic mit den Heavies. Zum Album "Forward!" bringt es im Frühjahr 2013 als Bonus-Beigabe zwei Stunden Konzertmitschnitt heraus. Diese Einspielung erscheint Jahre zuvor schon beim Label Acidjazz als "Live In London". Auf dem Nachfolger beweisen sich The Brand New Heavies als "Sweet Freaks", als sie Peter Gabriels "Sledgehammer" 2014 in frechen Funk verwandeln.
Zu ihrem 53. Geburtstag bekommt N'Dea Davenport ein Album geschenkt: "TBNH" heißt es, oder ausgeschrieben The Brand New Heavies. Außer Davenport wirken daran auch zahlreiche andere Sängerinnen wie Beverley Knight und auch wieder Siedah Garrett mit. Letztgenannte hatte ihren größten Hit im Jahr 1987 mit Michael Jackson, "I Just Can't Stop Loving You", und ist bei den Brand New Heavies immer wieder gerne gesehen.
Auf Tour und auf ein paar Studiosongs ist jetzt Angela Ricci die Stammsängerin des Jazz-Kollektivs. Das Entscheidende aber: Die Beats für "TBNH" stammen von Mark Ronson, der seinen guten Riecher schon bei Amy Winehouse bewies und der 2019 parallel zu den Heavies an seiner eigenen Platte "Late Night Feelings" tüftelt.
Wie Late Night fühlen sich die Songs auch auf "TBNH" an. Die Scheibe macht die Neunzigerjahre und den speziellen Stilmix Acid-Jazz lebendig, denn sie lässt den Sound so ursprünglich wie möglich klingen.
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