laut.de-Kritik

Warme Klänge, einprägsame Melodien und eine unvergleichliche Stimme.

Review von

Lange war es still um die Gebrüder Christian und Herrn Priestman. Seit ihrem 1992er-Album "Happy In Hell" war aus dem Hause der soulenden Engländer nichts mehr zu vernehmen. Elf Jahre nach dem letzten Lebenszeichen treten sie ganz urplötzlich mit ihrem erst vierten Studio-Output an die Öffentlichkeit. Wieder umgarnt der typische Christians-Sound den Hörer mit warmen Klängen, einprägsamen Melodien und der unvergleichlich rauchig-heimeligen Stimme von Frontmann Gerry Christian. Bei solch sakralen Namen wie Christian und Priestman dürfen selbstredend auch die altbekannten Gospel-Chöre nicht fehlen, die ihren Songs eine gewisse kirchliche Aura verleihen.

Die Crux ihrer früheren Platten bestand immer darin, dass sie zwar den einen oder anderen Feger im Repertoir hatten, auf Album-Länge stand dem jedoch immer wieder ausgiebig Füllmaterial gegenüber. Auch die Best-Ofs der Gebrüder waren so Best auch nicht. Anscheinend müssen manche Musiker erst einmal längere Zeit die Klappe halten, bis sie künstlerisch wieder etwas zu sagen haben. Bei den Christians verursachte die lange Auszeit einen Kreativschub, der in elf coolen Kompositionen seinen Ausdruck findet. Angefangen beim Titelsong bis hin zum finalen "Dream" fackeln sie ein Soul- und Funk-Feuerwerk der angenehmen Sorte ab. Selbstredend geschieht dies unter Berücksichtigung des Popfaktors.

Ein lockeres "Doodoo doo doo doobndoodoo" öffnet die Tür. Die verlorenen Söhne (Prodical Sons) sind zurück. Die opulente Instrumentierung haben sie im Schrank gelassen. Statt dessen unterlegen Beat-Konserven die Songs, die jedoch mit ihrer Orientierung am analogen Vorbild nicht allzu künstlich daher kommen. Ab und an pumpert der Bass zwar etwas arg dominant durchs Gehörknöchelchen, meistens aber haben die Christians ein erstaunliches Händchen für den richtigen Drive. Eine französisch anmutende Quetschkommode hier, dezente Tröten dort und immer wieder Gerry und seine Stimme. Herrlich. Erzählt der Gute in "No Pain", wie dreckig es ihm geht, zuckt die Hand sofort zum Geldbeutel, damit er sich in seiner Ex-Wahlheimat Frankreich ein Croissant kaufen kann.

Latschen die Christians bis "Chasin' Rainbows" eher gemütlich soul- und bluesgetränkte Pfade entlang, schalten sie mit "Rain" einen Gang hoch, nur um mit in "Hold On" bittersüß ein Lamento anzustimmen. Mit dezenter Akustikgitarren-Unterstützung und expressiver Vokalarbeit hält der Hörer nur zu gerne durch, wie die Protagonisten fordern. "When Tomorrow Comes" funkt ordentlich nach vorne und offenbart die Coolness, die für das Album kennzeichnend ist, und die unaufdringliche Stilsicherheit, was Rhythmik und Eingängigkeit anbelangt. Die allerorten eingestreuten Gospel-Einlagen lassen irgendwann keinen Ausweg, und Hände wandern gen Himmel, um den Herrn zu preisen. Die Granate kommt aber noch: mit dem Rückwärtzählen von fünf auf null leitet Gerry das wuppendste Stück von "Prodical Sons" ein. "I'm an honest man and do the best I can" singt er. Es gab schon erhellendere Reime, aber grooven tut's und ist gerade deshalb etwas für'n Popo.

Ein überaus gelungenes Comeback schließt mit "Dream". Wer sich beeilt, kommt in den Genuss der limitierten Auflage, die fünf alte Songs im Unplugged-Format bereit hält. "Words" oder "Close To Midnight" kommen in der abgespeckten Version richtig geil.

Trackliste

  1. 1. Prodical Sons
  2. 2. You Can Have It All
  3. 3. No Pain
  4. 4. Chasin' Rainbows
  5. 5. Rain
  6. 6. Hold On
  7. 7. When Tomorrow Comes
  8. 8. Love Sometimes
  9. 9. King Of The Hill
  10. 10. Close To Midnight
  11. 11. Dream

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