laut.de-Kritik
Eine ausufernd schöne Reise.
Review von Manuel BergerBloß ein Jahr nach "Act IV: Rebirth In Reprise" macht Casey Crescenzo genau da weiter, wo er aufgehört hat. Man fragt sich: Wieso liegen zwischen beiden Alben nicht einmal ganz zwölf Monate? Denn "Act V: Hymns With The Devil In Confessional" klingt wahrlich nicht nach einem Schnellschuss.
Schon eher nach dem Ergebnis eines jahrelangen Rückzugs ins Kämmerchen. Aber gut, ich will mich nicht beschweren. Von mir aus können The Dear Hunter ruhig weiter im Jahrestakt derlei Überplatten veröffentlichen.
Laut Casey entstanden der vierte und fünfte Akt mehr oder weniger zur selben Zeit. Und das hört man. Die musikalische Ausrichtung bleibt dieselbe, auch wenn - wie es das Cover bereits andeutet - der Neuling in der Gesamtatmo vielleicht etwas dunkler daherkommt. Was nicht bedeutet, dass The Dear Hunter plötzlich depressiv werden. Ganz und gar nicht.
Man braucht sich nur "Mr. Usher (On His Way To Town)" zu Gemüte führen. Das versprüht ein paar Sekündchen Reggae-Flair, bevor es in Sinatra-Manier durch die Straßen flaniert. Bläser und swingende Achtel inklusive. Auch das Loungeklaviersolo möchte man nicht missen.
So off sich das im Prog Rock-Kontext zunächst anhören mag – The Dear Hunter flechten es natürlich so ins Album ein, dass es absolut nachvollziehbar erscheint. Schon am Ende der Akustikballade "Melpomene" (mit herrlichen Flöten und Streichern) schreitet Mr. Usher ins Geschehen und entert eine Bar - dieser Übergang geht so locker von der Hand wie das Lächeln an einem romantischen Abend über die Lippen.
Apropos Romantik: An was denkt ihr, wenn ihr die Leitmelodie von "Cascade" hört? Dazu kommen breite Vocalbögen, die zwar textlich nicht in die Romantikschiene passen, aber trotzdem Liebesgefühle auslösen. Schöne Harmonien sind natürlich längst nicht alles, was "Act V: Hymne With The Devil In Confessional" zu bieten hat.
Die gesamte Bandbreite deckt "The Most Cursed Of Hands / Who I Am" ab. Zu Beginn regiert düster-folkige Zweistimmigkeit, aufgebrochen von einem energischen Drumbeat. Mit Banjounterstützung und Streicherepik schwingt sich dieser nach vier Minuten zum Höhepunkt auf, gegen Ende gibts allerdings noch ein kleines bisschen Soul. Bevor "The Revival" die Distortion auspackt.
Casey baut zwar allerlei Sperenzchen ein – es gibt eine fiese Sax-Melodie, einen zurückgenommenen Zwischenpart, den Spagat zwischen brachialen Riffs und relaxter Tito & Tarantula-Gitarre in den Strophen – trotzdem bleibt als Resultat tatsächlich ein straighter Rocksong in Erinnerung. Mit großem Refrain - und trotz der Eingängigkeit gibt es eben jede Menge zu entdecken.
So auch in allen anderen Stücken, die durchweg eine ganze Armada an Facetten auffahren, ohne dabei auch nur im Ansatz überladen zu klingen. Egal, ob nun die in der Tat spartanische Vater-Sohn-Ballade "Light", das lauernde Doppel "The Flame (Is Gone)"/"The Fire (Remains)" - das in trauter Zweisamkeit um die albuminterne Goldmedaille ringt - das brachiale "The March", das hakenschlagende "The Moon / Awake" oder der grandiose Abschluss "A Beginning" – man sollte alles gehört haben. Und zwar am Stück, denn nicht umsonst macht sich Casey Crescenzo die Mühe, die Songs nahtlos ineinander übergehen zu lassen. Diese musikalische Reise geht man gerne mit.
3 Kommentare mit einer Antwort
So eine unfassbar gute Band! Jedes mal aufs neue denke ich mir das sie das letzte Album wohl kaum toppen können und dann ist es mindestens genau so gut...
Affenarschgeil! Hiermit kann man die emotionale Schönheit von Musik und die Vielseitigkeit des Prog Rock zelebrieren.
Word!
Haut mich um! Von A bis Zett ein tolles Werk!