laut.de-Kritik

The lost tapes of Duran Duran.

Review von

Was genau Stephen Duffy in den 80ern machte, ist nicht überliefert. Zum Jung-Millionär dürfte er es jedenfalls nicht so schnell wie seine Kumpels gebracht haben. Denn als Simon LeBon, Nick Rhodes und Co. hauptberuflich für Fotostrecken mit schönen Frauen in Badewannen voller Champagner hüpften und zur 80s-Popband schlechthin aufstiegen, war Duffy schon wieder raus bei Duran Duran. Freiwillig.

Lange vor dem ersten Single-Hit "Girls On Film" schraubten die Jungs aus Birmingham ähnlich den Post-Punk-Elektronikern von Human League und Tubeway Army an ersten erschwinglichen Synthies herum, trugen auf der Bühne Frauenklamotten und beschäftigten einen Klarinettisten in der Band. Klingt nicht nach dem großem Erfolg, wurde auch keiner. Man schrieb das Jahr 1978 und statt LeBon stand damals, genau: Stephen Duffy hinterm Mikro.

Heute singt er wieder und zwar bei The Devils, seiner ganz persönlichen Wiedervereinigung mit Duran Duran-Keyboarder Rhodes. Auf "Dark Circles" knüpfen sie an Songskizzen aus der damaligen Zeit an, die auf einem alten Live-Mitschnitt in Duffys Schreibtisch überwinterten. Auf dem Papier also: The lost tapes of Duran Duran. In echt: Ein schräges Sound-Konstrukt aus analogen Synthies, holprigen Gitarren und oftmals weiblichen Background-Vocals.

Die Einbindung alten Equipments in eine moderne Produktion gelingt streckenweise ganz hervorragend, wie beispielsweise beim spröden, numanesken Instrumental-Opener "Memory Palaces", der von einer dreckigen Bassline und Mönchschören (!) attackiert wird. Und wer weiß schon, ob Simon LeBon noch jemals solch grandiose Pop-Balladen wie das sublime "Aztec Moon" oder "Newhaven-Dieppe" ins Mikro hauchen darf?

Reich an Sound-Frickeleien glänzt das tagträumerische, an Eno erinnernde "Signals In Smoke". Dagegen wirken nach vorne gehende Nummern wie "Big Store" oder "World Exclusive" nach seichtem Elektro-Rock-Stückwerk, das dem atmosphärischen Kontext nicht gerecht wird. Auch der Titelsong gibt sich trotz beachtlichem Groove-Potenzial einem schnöden Refrain hin.

Zum versöhnlichen Abschluss sinniert Duffy in "Barbarellas" über den einstigen Club, in dem er damals gerockt hat und der mittlerweile einem Parkplatz weichen musste. Ein rührender Moment, in dem sowohl Duffys Geschichte als auch die seines Partners Rhodes zusammen fließen und im Jetzt enden, eben bei The Devils. Nur Rhodes holt die ruhmreiche Vergangenheit bald wieder ein: seine Kumpels von Duran Duran erwarten ihn bereits im Aufnahmestudio.

Trackliste

  1. 1. Memory Palaces
  2. 2. Big Store
  3. 3. Dark Circles
  4. 4. Signals In Smoke
  5. 5. Come Alive
  6. 6. Hawks Do Not Share
  7. 7. Newhaven-Dieppe
  8. 8. World Exclusive
  9. 9. Aztec Moon
  10. 10. Lost Decade
  11. 11. Barbarellas
  12. 12. The Tinsel Ritual

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