laut.de-Kritik
Die Gitarre bleibt meist im Koffer liegen.
Review von Oliver LambrechtDie Schweden sind im Computerzeitalter angekommen. "Facts And Figures" verzichtet im Wesentlichen auf Analoges. Kaum ein Ton verhallt ungehallt. Die Gitarre bleibt meist im Koffer liegen, der Synthesizer drängt sich in den Mittelpunkt und der Gesang vocodert nebenher.
Leider versteckt Mastermind Johan Angergard, der das gesamte Album alleine eingespielt/programmiert hat, sein Organ mehr und mehr im synthetischen Echo. Die echte Konstante der Band, die Stimme ihres Sängers, verliert so ihre mitreißende Energie. Bei "Up Against The Legends" wusste der Frontmann noch mit der Musik mitzuhalten, hier verkommt er zu einer klanglichen Nuance. Ausgerechnet bei dem Album, das mit beinahe 35 Minuten den bandeigenen Längenrekord ausbaut.
Der pumpende Auftakt von "Facts And Figures" weckt zunächst Gefühle, die das Ausleben auf dem Tanzflur verlangen. "Heart" vibriert über den Magen bis in die kleinsten Hirnzellen, so dass jeder spätestens bei der ersten Single-Auskopplung "Play It For Today" mitsamt der Band vor zeitlosen Ikonen wie New Order, Depeche Mode oder Kraftwerk huldigend auf die Knie sinken möchte. Die erste Wundversorgung leistet "Lucky Star" mit Vitamin A(-ha), das aber mit der Länge des Songs zu einem kitzelnden Quaken verkommt.
Ab "Closer" beginnt die Synthie-Betäubung zu wirken. The Legends erhöhen die Dosis, indem sie das Tempo spürbar rausnehmen und verwässern. Das fluffige "Another Sunday" wähnt den Hörer in Sphären, in die sämtliche Dreamdance-Compilations gerne eindringen möchten. Aus dieser Lage kann nur noch das sich stetig nähernde Ende des Langspielers befreien. Ist der Patient erst mal wieder aus seinen Komaträumen erwacht, stellen sich dennoch Entzugserscheinungen ein.
Jedoch weisen weder das titelgebende "Facts And Figures", noch "Darling" oder "Nobody Twists Your Arms" für sich genommen ausreichend Suchtpotential aus. Vielleicht liegt es an der Klangreinheit und dem konsequenten Durchhalten des elektronischen Stils. Schließlich spart sich Angergard nun vollständig den Indierock für seine Zweitband Acid House Kings auf. Zauberhafte Musik hat er jedoch für beide übrig.
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