laut.de-Kritik
Wenn Wahn doch nur immer so wohlklingend wäre!
Review von David HutzelEher eine Soloplatte sei "Lost In The Dream" geworden, meint Adam Granduciel. Und damit hat der Mastermind hinter The War On Drugs nicht Unrecht. Denn die tragenden Elemente der dritten Platte des Vierers aus Philadelphia stellen Granduciel klar in den Mittelpunkt: Der in der Weite zerstreute, meist zurückgelehnte Gesang und – im Wechsel dazu – die ebenso mit allerlei Effekten bedeckte Solo-Gitarre, die in den endlosen Jams der neuen War On Drugs-LP immer wieder dosiert ihren Raum findet.
Und genau das verlangt einem die Platte ab: Den Shoegaze- und Wave-Klängen Raum zu geben. Von Granduciels Lippen und übers Griffbrett huschenden Finger abzulesen. Geduldig auf den nächsten, öffnenden Akkordwechsel der Songs zu warten und dabei den dosiert groovenden Bass und die entspannten Synthies jederzeit im Auge zu behalten. Denn die 60 Minuten, verteilt auf 10 Tracks, zielen keinesfalls direkt auf die kurze, eingängige Pop-Melodie ab.
Nein, die Qualität Granduciels und seiner Band liegt ganz klar darin, eigene, komplexe Klangsysteme zu schaffen. Denn ein Siebenminüter wie "An Ocean Between The Waves" fühlt sich zwar stets melodisch an, aber um auf direktem Weg vom Hörer begriffen zu werden, sind die meisten Stücke auf dem Album schlicht zu lang. So nehmen sich die Stücke, was sie brauchen, um schließlich zum effektvollen 80er-Rock-Track zu wachsen. Mal resultiert das in einer geradlinigen Springsteen-Hommage ("Red Eyes"), an anderer Stelle schwimmt in wohligen Folk-Klängen immer ein bisschen Dylan mit ("Lost In The Dream").
"Lost In The Dream" stellt in mehrerlei Hinsicht eine Kehrwende für Granduciel dar. Nicht nur, dass er die Band seit dem letzten Langspieler "Slave Ambient" völlig neu formiert hat, er selbst knochiger wurde und seine Haare jetzt länger trägt. Damals schien er sich sämtliche in Valium aufgelöste Sorgen vom Leib geschrieben zu haben. Gut zwei Jahre später befindet er sich wohl erneut mitten im Alptraum, woraus Granduciel im Opener schon keinen Hehl macht: "Waiting in the war I'm just / Trying not to crack / Under the pressure." Wenn Wahn doch nur immer so wohlklingend wäre!
5 Kommentare
Bei weitem ihr bestes Album und eines der besten in diesem Jahre. 5 / 5
nix, slave ambient ist geiler. aber das hier ist definitiv ein grower.. wirkt irgendwie etwas erwachsener und melancholischer. suffering ist grossartig!
sind im mai uebrigens auf tour! ohne mich
review kommt viel zu spaet. auf die von demarco warte ich auch noch.
Wundert mich, dass die Titel nach einer solch überschwänglichen Rezi so abwechslungs- und überraschungsarm daherkommen