Porträt

laut.de-Biographie

Tim Hardin

Die Geschichte des US-amerikanischen Singer/Songwriters ist eine tragische. Als er 1966 sein Debüt veröffentlicht, gilt es als große Hoffnung. Vierzehn Jahre später stirbt er einsam und vergessen. Ein Film ohne Happy End, für den sich lange kaum jemand interessiert.

1941 in Eugene in Oregon geboren, tritt Hardin mit 18 für zwei Jahre den Marines bei. Nach seiner Entlassung zieht er 1961 nach New York, wo er zunächst eine Schauspielschule besucht, die er aber bald wieder verlässt. Dafür macht er sich im New Yorker Greenwich Village, dem Mittelpunkt der Folk-Szene, mit seiner Konzertgitarre und seiner bluesigen Stimme schnell einen Namen.

Schon zu diesen Zeiten gilt er als unsteter Charakter. "Er war sicherlich kein Vorbild in Sachen Zuverlässigkeit. Manchmal spielte er phantastisch, manchmal kam er gar nicht oder schlief auf der Bühne ein", erinnert sich Erik Jakobsen, der Hardin unter seine Fittiche nimmt und versucht, ihm Auftritte und einen Plattenvertrag zu besorgen.

Seit seiner Jugend ist Hardin heroinsüchtig. In der High School hatte er sich bei einem Unfall einen Halswirbel gebrochen und Opiate zur Schmerzbetäubung erhalten. "Es war phantastisch. Ich habe mir gedacht: 'So möchte ich mich immer fühlen'", erklärt er später selbst.

"Er war ganz offensichtlich ein Junkie und man sah ihm an, dass er Ärger magisch anzog. Seine Stimme war jedoch einzigartig in Bezug auf Rhythmus und Breite. Dazu waren seine Songs unglaublich gut", so Produzent Charles Koppelmann, mit dem Hardin 1966 sein erstes Album ("Tim Hardin 1") aufnimmt.

Es enthält "Reason To Believe", das Rod Stewart 1971 an die Spitze der Charts führt, zunächst aber für wenig Wirbel sorgt. 1967 erscheint "Tim Hardin 2" mit seinem bekanntesten Stück "If I Were A Carpenter". Noch im selben Jahr landet die Nummer auf Platz acht der US-Charts - in der Interpretation von Bobby Darin, später kommen unter anderen Johnny Cash, Joan Baez, die Four Tops und Robert Plant hinzu.

"Er war wie ein Metronom. Bei den Aufnahmen sang er die erste Strophe drei Mal, dann die letzte, dann wieder die erste, im Anschluss den Refrain. Er war zeitlich so perfekt, dass man danach daraus den fertigen Song schneiden konnte, ohne dass man es hörte", erklärt Ed Freeman, der das Album produziert.

Mit der Schauspielerin Susan Morss zieht Hardin nach Los Angeles, 1968 kommt ihr Sohn Damian zur Welt. Eine schwierige Beziehung, die den Rest seines Lebens und viele seiner folgenden Lieder prägen wird.

Denn Hardin hängt weiterhin an der Nadel und es gelingt ihm nicht, die Welle des Erfolgs zu reiten. Die Alben "This Is Tim Hardin" (1967) und "Tim Hardin 4" (1969) enthalten im Wesentlichen Demos, die er noch vor seinem Debüt aufgenommen hatte.

"Tim Hardy 3" von 1968 birgt einen Live-Mitschnitt, doch leidet Hardin zunehmend an Bühnenangst und verkorkst viele Auftritte. 1968 schläft er bei einem Gig in der Londoner Royal Albert auf der Bühne ein, worauf sein Manager Jakobsen das Handtuch wirft.

Ende der 60er Jahre erhält Hardin dennoch einen Vertrag bei Columbia. Mit seiner ersten Major-Single "Simple Song Of Freedom" feiert er 1969 den größten Erfolg unter eigenem Namen. Das Stück stammt aus der Feder Bobby Darins, der sich so für seinen Erfolg mit "If I Were A Carpenter" bedankt.

Mit Lebensgefährtin und Sohn zieht Hardin 1969 in ein Haus in der Nähe von Woodstock, in dem jeder Raum mit einem Mikrophon ausgestattet ist. Zwei Wochen lang nimmt ein mobiles Studio alles auf, das im Haus vor sich geht, darunter auch Jam Sessions mit Freunden und Musikern, die vorbei schauen.

Das Ergebnis, "Suite For Susan Moore And Damion: We Are One, One, All In One" (1969) wird zu einem riesigen, kostspieligen Flop. Zwei Wochen nach ihrer Hochzeit verlässt Hardins Frau zudem das Haus und nimmt den gemeinsamen Sohn mit. Als der Sänger wenig später beim legendären Woodstock-Festival auftritt, ist er in einem solch desolatem Zustand, dass er es nicht in die Kinofassung des Events schafft.

Für Columbia nimmt Hardin zwei weitere Alben auf. "Bird On A Wire" erscheint 1971. Anschließend siedelt Hardin nach London über, wo er mit Methadon einen Entzugsversuch unternimmt. In der britischen Hauptstadt entsteht "Painted Head". Es erscheint 1972 und enthält keine eigenen Stücke, wartet dafür aber mit einer Riesenschar an Gastmusikern auf, unter ihnen Peter Frampton.

Als 1973 bei einem kleinen Label das Album "Nine" erscheint, ist Hardin wieder auf Heroin. Anschließend verlieren sich für mehrere Jahre seine Spuren. Er ist nicht mehr erreichbar, meldet sich auch nicht bei Freunden oder Verwandten. Vermutlich lebt er in dieser Zeit in Seattle. Als er wieder ein Lebenszeichen von sich gibt, ist er schwer übergewichtig und hat seine Haare verloren. Dazu ist er hoch verschuldet, obwohl er die Rechte an seinen Liedern verscherbelt hat.

1979 wohnt er in Los Angeles und nimmt neues Material auf. "Da war ein fetter, alter, glatzköpfiger Mann. Wir waren durch dick und dünn gegangen, doch ich habe ihn zunächst gar nicht erkannt", erinnert sich sein einstiger Manager Erik Jakobsen, der ihn im Studio besucht.

Doch ist es kein Neuanfang. Stark alkoholabhängig, belästigt er seine Ex-Frau und droht ihr mit dem Tod. 1980 feiert er mit dem Konzertmitschnitt "Homecoming Concert", das er in seiner Geburtsstadt Eugene aufnimmt und das im TV ausgestrahlt wird, ein kurzes Comeback, doch am 29. Dezember desselben Jahres stirbt er an einer Überdosis Heroin, wenige Tage nach seinem 39. Geburtstag.

Das Material, das er zuletzt aufgenommen hatte, erscheint 1981 unter dem Titel "Unforgiven". Zu diesem Zeitpunkt ist er längst in Vergessenheit geraten. Ein Zustand, an dem sich in den folgenden Jahrzehnten nicht viel ändert, auch wenn viele Musiker ihn als Inspirationsquelle nennen und seine Songs covern.

2013 versucht das Londoner Label Full Time Hobby, Hardin wieder ins Gedächtnis zu rufen. Mit "Reason To Believe – The Songs Of Tim Hardin" veröffentlicht es ein Tribute-Album, auf dem auch Mark Lanegan mit von der Partie ist.

Alben

Surftipps

  • Fanseite

    Mit Bio und Infos.

    http://www.zipcon.net/~highroad/hardin.htm

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