laut.de-Kritik
Wie ein Schall gewordener Anachronismus.
Review von Dani Fromm"I'm Alive!" Mit einem Urschrei, der an der getroffenen Aussage keinen Zweifel lässt, meldet sich Tom Jones zum gefühlt hundertsten Mal auf der Bühne zurück. Mag manches Boulevard-Magazin noch so provokant die hämische Frage stellen, wann wohl sein Gesicht platzen wird: Musikalisch präsentiert sich der Tiger ungebrochen in beeindruckender Form.
Über weite Strecken erscheint "24 Hours" zwar - mit Verlaub - komplett von gestern. Das ist allerdings gut so, denn einem Künstler, der bereits in den 60er Jahren Erfolge feierte, steht angemessen angejahrter Sound wesentlich besser zu Gesicht als der Versuch, krampfhaft auf der Welle des vermeintlichen Zeitgeists mitzurudern.
Tom Jones hat dies alles längst hinter sich gelassen. Seine Nummern atmen abwechselnd glitzernde Las Vegas-Ästhetik und klassischen Balladen-Herzschmerz. Ein Spritzer Bossa, eine Spur Blues sowie wenige, dezent eingesetzte moderne Klangelemente feudeln den Staub von einem Longplayer, der fast durchgehend den Liebreiz eines gediegenen Tanztee-Nachmittags verströmt.
Eine sich stetig wiederholende Gitarrenmelodie verankert den Reigen eröffnenden Titeltrack im Gehör und gibt der ein wenig breiig, konturlos wirkenden Kulisse Struktur. Dass er zuweilen etwas atemlos tönt, ändert wenig an dem Umstand: Mit Tom Jones ist immer noch zu rechnen.
Äußerst bezaubernd flicht sich in "If He Should Ever Leave You" eine fröhlich klimpernde Melodie zwischen die Bläser. Sachte Orgelklänge korrespondieren mit dynamischen, entschlossen Drums. Die blitzen an mehreren weiteren Stellen auf: In "Feels Like Music" sorgen sie als Gegenpart zu einem nach vorne strebenden Basslauf für den Groove. "Sugar Daddy", entstanden unter Beteiligung von Bono und The Edge, verleihen sie den nötigen Nachdruck.
Der Streicher-Einsatz in "We Got Love" enthält sich wohltuend der Klebrigkeit. Statt dessen bewahren luftige Melodien der Komposition eine beschwingte Leichte. Sehr oldschool, das. "In Style And Rhythm" bedient sich dagegen auch aktuellerer Klänge, die mit einem Latin-Einschlag und einem Hauch von Bill Withers' "Just The Two Of Us"-Charme um die Wette knarzen.
Zwischen all dem positioniert sich ein nicht mehr ganz taufrischer Sänger, der - nichtsdestotrotz gut bei Kräften - seine Erfahrung in seinen Gesang einfließen lässt. Der weht wie aus einer anderen Zeit ins Jetzt herüber: ein Schall gewordener Anachronismus.
"Summer's gone, it could not stay." Fast andächtig lässt Tom Jones in "Seasons" Erinnerungen und Träume Revue passieren, begleitet die Blues-geschwängerte E-Gitarre in "Seen That Face" und legt im reduzierten "24 Hours" eine hymnisch erhabene, ebenso ruhige wie beruhigende Abschiedsvorstellung aufs Parkett.
"I don't struggle anymore", heißt es da. Als ob das notwendig wäre, konstatierte doch bereits "The Road" vor dem Hintergrund eines Pianos und oszillierender Streicher: "The road always returns to you." Jetzt aber her mit dem Funk, "Take Me Back To The Party"!
Noch keine Kommentare