laut.de-Kritik
Mit Wyclef Jean und souliger Wärme meldet sich der Tiger zurück.
Review von Marc WinkelmannSchon früher, zu Zeiten also, als man den Tiger noch in den Tank zu packen pflegte, wurde es mit Tom Jones nie langweilig. Der Waliser probierte sich stets öffentlich aus. Er sang kitschige Schmonzetten, machte in Country und ließ sich, nach einem Erotikfilm, von Thomas Jones Woodward in Tom Jones umbenennen. Dass es dabei immer nur angenehm peinlich wurde, danken ihm bis heute vor allem die Frauen.
Vor drei Jahren kam "Reload" und der übermächtige Drang, sich jünger zu fühlen. Tom Jones, inzwischen knapp 60, tat sich für 17 Duette u.a. mit Robbie Williams, Mousse T. und Natalie Imbruglia zusammen. Jetzt hat er eine neue Platte aufgenommen - und beginnt, sentimental zu werden. Im Song "Younger Days" heißt es: "When Madison Square Garden no longer screams for me / And the record companies don't send no limos for me / And the young girls, they think that I'm too old / I know I'll be ok - when I think of the young days, the young days".
Lange hält der melancholische Rückblick aber nicht an; die Frohnatur Tom Jones reißt das Ruder sofort wieder herum und erinnert sich der jungen Tage, als er die Bühnen rockte, die Mädchen verführte und die Massen sich um ihn drängten. Sehr viel deutlicher sticht der Einfluss von Wyclef Jean hervor. Der ebenfalls vielseitig Talentierte hat das schlicht "Mr. Jones" betitelte Album mit produziert und bei der ersten Single "Tom Jones International" auch am Mikro gestanden.
Zu Sprechgesangs-Einlagen lässt sich Tom Jones deswegen nicht hinreißen. Sein unverwechselbares Timbre vibriert aber über einem flüssigen Mix aus Hip Hop-Beats, soulig-bluesiger Wärme und swingender Energie. Das Coverstück "Black Betty" von Ram Jam ist da ein gutes Beispiel. Bei Stücken wie "The Letter" oder "Feel the Rain" kommen einem zwar Zweifel, ob "Mr. Jones" noch Toms Album ist oder es nicht Wyclef Jean war, der den alten Haudegen als Gastsänger engagierte.
Allzu wichtig ist diese Formalie allerdings nicht. Die beiden Protagonisten haben gleichberechtigt Einfluss genommen. Man muss es Tom Jones vielmehr hoch anrechnen, dass er sich auf seine alten Tage derart zielsicher von den jungen Hasen der Branche leiten lässt. Das ist gewöhnungsbedürftig. Langweilig aber wird es in keinem Fall.
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