laut.de-Kritik
So viel gute Laune hätte man ihm gar nicht mehr zugetraut.
Review von Giuliano BenassiRückblickend hätte "Astral Weeks Live" (2009) ein perfektes letztes Album sein können. Der Abschied eines Musikers, der in den 60er Jahren mit "Babe Please Don't Go" und "Brown Eyed Girl" zwei Kassenschlager hingelegte und mit "Astral Weeks" ein Werk, dem die Adjektive 'legendär' und 'bahnbrechend' gut stehen. Sprich: Einnahmen und Kultstatus gesichert - ab in die wohl verdiente Rente.
Das vorliegende Album zeigt nun, dass im Nordiren nach wie vor gute Musik steckt. Der Titel lässt zwar eine Best Of vermuten, ist jedoch eine Kampfansage: "Ich kann einfach nicht anders, ich musste einfach wieder ins Studio", so die Botschaft.
Die vierjährige Pause seit "Keep It Simple" (2008), immerhin die längste in seiner langen Karriere, hört man der Platte nicht unbedingt an. Wenn, dann hat sie Morrison eher gut getan: Der notorische Grantler versprüht eine gute Laune, wie man sie ihm gar nicht mehr zugetraut hätte.
"Close Enough For Jazz" spiegelt dabei die Stimmung des Albums wieder. Verspielt, ohne Kanten vor sich hin fließend, entspannt. Sein größtes Vorbild sei schon immer Ray Charles gewesen, erklärt der Nordire. Der habe es geschafft, allerlei Einflüsse in seine Musik einfließen zu lassen und habe dabei immer nach sich selbst geklungen.
Das gilt auch für Morrison selbst. In Eigenregie im heimischen Belfast kreiert, lässt sich Morrison von einer Schar alt gedienter Kollegen begleiten. Dabei singt und sitzt er nicht nur am Mischpult, sondern spielt auch Gitarre, Klavier und Altsaxophon.
Ein Grantler bleibt er natürlich trotzdem "Going down to Monte Carlo, that's why I flew in from Nice. Gotta get my head together, gotta get my head some peace ... I'm trying to get away from people, that are trying to make me mad", singt er vielsagend im zweiten Stück. Eine große Rolle spielt auch "die weltweite Obsession mit Geld und Materialismus, die Einkommensunterschiede und jene Gier, die die Gesellschaft vergiftet hat". Doch seine Texte ordnen sich eher der gelassenen Begleitung unter und stehen nicht im Mittelpunkt.
Auch Melodien spielen keine gewichtige Rolle. Keines der Stücke hat Chartspotential, keines ist ein Lückenfüller. "No Plan B" ist eines jener Alben, die immer wieder gerne im Abspielgerät landen, weil sie so schön vor sich hin fließen und eine entspannte Stimmung verbreiten, ohne dabei auf Abgedroschenes zurückzugreifen.
Morrison klingt nach Morrison, schafft es aber auch in seinem fünften Schaffensjahrzehnt und auf seinem 35. Album sich nicht ständig zu wiederholen. Eine Leistung und Begeisterung, die ihresgleichen sucht. Und zugleich eine Rückkehr, die nicht mit der Vergangenheit bricht, sondern den Faden wieder aufnimmt - wenn auch mit einem Tick mehr Begeisterung, was dem Album gut tut.
Das mag auch daran liegen, dass Morrison einen Vertrag beim altehrwürdigen Label Blue Note unterschrieben hat, das seit Januar 2012 unter der Führung von Produzentengröße Don Was steht. "Ich freue mich auf viele weitere Projekte zusammen mit Don und Blue Note", verspricht Morrison.
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