laut.de-Kritik
Der Dreifachsampler lotet die Grenzen von Drum'n'Bass aus.
Review von Christof KlausBasswerk beziehungsweise das Vorgängerprojekt "Junglegrowers", in den Neunzigern deutsche Drum'n'Bass-Keimzelle der ersten Stunde, hat sich im Laufe der Jahre als eines der wenigen einheimischen Labels auch auf internationaler Ebene wirklich dauerhaft etabliert.
Dank ihrer Philosophie, sowohl knüppelhartes Zeug als auch poppige Stücke auf Vinyl zu pressen, haben sich die Kölner nie in eine der üblichen Schublade stecken lassen. Und so kenne ich in Drum'n'Bass-Kreisen keine sonst auch noch so löchrig sortierte DJ-Kiste ohne zumindest eine Scheibe mit dem Basswerk-Logo, und seien es nur die Konsenshits wie der seinerzeit allgegenwärtige Metal-Crossover von "Crossed Roots" (Giana Brotherz) oder die von MC Dragoon auf deutsch eingesungene Ode an die Szene, der "Hardcore Junglist".
Zum dritten Mal nach 1998 und 2003 kompiliert Labelchef The Green Man (TGM) auch für die CD-Kundschaft die "Basswerk Sessions", eine Mischung aus Labelschau, Nachwuchsförderung und Netzwerkpflege. Reichten dafür letztes Mal noch zwei Silberlinge aus, füllen die 40 Beiträge aus Köln, Koblenz, Basel, North Carolina oder Valencia nun gar drei CDs, die jeweils eine Stilrichtung abdecken und dementsprechend selbsterklärend nach Härtegrad als "Chill-", "Groove-" und "Technik-Session" betitelt sind.
So bunt wie das Spektrum der Musik ist auch die Mischung der Produzenten aus alten Hasen und jungen Hüpfern, bei deren Auswahl TGM mal wieder ein gutes Händchen beweist. Neben alteingesessenen Breakbeatkämpen wie dem Labelmacher selbst oder Giana Brotherz sowie etablierten Hausnummern der deutschen DJ- und Produzenten-Szene wie N.phect & Dizplay, Young Ax oder den Ulmer Jungle-Veteranen NME Click, sorgen das zur Zeit sehr präsente Salzburger Talent Camo und einige weitere viel versprechende Rookies aus aller Welt für frisches Blut im Hause Basswerk.
Prominenteste Namen aus internationaler Sicht: das neuseeländische Duo State of Mind, das einen Remix zu N.phect & Dizplays "White Russian" beisteuert, und der Brite Big Bud, dessen dubbiger Clubhit "Give a little" aus dem Jahre 2007 auch noch einmal auf dieser Compilation vertreten ist. Dasselbe gilt für TGMs altbekannten 2004er Ohrwurm "Easy" (mit den MCs Chevy und Dragoon), zu dem in Clubs von Kiel bis Konstanz immer noch kräftig mitgesungen wird.
Ebenso gute Laune versprüht Gabbs funky Amen-Mashup "Soft Maker" und Camos deftiges Jump-up-Tool "Drop it", beide von der "Groove"-CD. Dass sie immer für einen knackigen Dancefloor-Tune gut sind, beweisen die Jungs von Subz & Matik einmal mehr mit dem coolen "Lighthouse Blues".
Technoid und trocken geht es bei der "Technik-Session" zur Sache geht. Mit von der Partie: Giana Brotherz' raviger "Wüstensturm" im neuen Remix und massig Neurofunk von Leuten wie Rregula & Dementia oder Violentbreakz. Auf der "Chill"-CD überzeugen Enea vom Bodensee und seine Sängerin Mika Doo mit dem poppig-melodiösen "Star", Green Man mit seinen deepen "Hong Kong Nights" oder auch Danoo, ein völlig unbeschriebenes Blatt aus Tschechien, mit dem superschönen "Different Touch".
Naibu aus Paris wandelt mit seinen vertrackten Rhythmen eindeutig auf den Spuren von Beatbastlern wie Paradox, hinterlässt dabei allerdings eine ganz eigene Duftnote. Vor allem sein melancholisches Drumfunk-Monster "Dive" ist ein echtes Highlight.
Obwohl sich bei dieser Menge an Material auch ein paar Lückenfüller eingeschlichen haben, stimmt die Trefferquote. Insgesamt gibt es weit mehr Licht als Schatten auf diesem voll bepackten Dreifachsampler, der die Genregrenzen fast optimal auslotet und mit über vier Stunden Spielzeit die vielen Facetten von Drum'n'Bass abdeckt. Hier ist – ganz nach Basswerkscher Labelphilosophie – für jeden etwas dabei.
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