laut.de-Kritik
Duell zwischen Elektronik, Gitarrenklängen und Plüsch-Harmonie.
Review von Jasmin LützBei "Kamillenteefee" und "Kartoffelkäfer" denkt man vielleicht zuerst an seinen letzten Ausflug in den Märchenwald, bei "Muskelfaserriss" hält man sich das Bein und hat sich geschworen, ab 35 nie mehr sonntags auf der Wiese zu kicken. In diesem Zusammenhang jedoch handelt es sich um drei wunderschöne Elektropop-Stücke von Wagner & Pohl. Noch nie gehört? Dann wird es aber höchste Eisenbahn. Katharina Hein und Barbara Wagner stehen hinter dieser 2002 in Berlin gegründeten Formation. Ein raffiniertes Frauenkraft-Duell zwischen Elektronik, Gitarrenklängen und englischsprachiger Plüsch-Harmonie.
"Celandine" heißt das Debüt, benannt nach einem französischen Märchen aus dem 14. Jahrhundert. Die Geschichte von Celandine ähnelt dem Grimm Märchen Dornröschen. Im Filmbereich hat das Duo musikalisch bereits Erfahrungen gesammelt und so einige Bilder vertont. Den Soundtrackeinfluss hört man deutlich auf dieser kunterbunten Platte. Die musikalische Untermalung der David Lynch TV-Serie "Twin Peaks" wird hier in einen gefühlvollen, skurrilen deutschen Mehrteiler umgesetzt, Katharina Hein übernimmt die Rolle der Julie Cruise. Dennoch bleibt "Celandine" eigenständig und gleitet elegant durch das elektronische Popzeitalter.
"Really Don't" ist ein warmherziger, verträumter Ohrwurm mit harmonischen Stimmengesang. Genauso anhänglich wie damals eine Coverversion von New Orders "Subculture", in einer ähnlichen Popduo-Tanzstruktur der belgischen Gruppe Ming. Der Turner-Remix am Ende startet dann noch mal in die Extra Dance Bonus-Runde.
"Celandine" beweist mal wieder mehr, dass elektronische Raffinesse nicht immer von Männerhand fabriziert werden muss. Frauen und Technik funktioniert immer besser, was man zuletzt auch bei der großartigen Platte von Gustav gehört hat. Bleibt nur noch zu sagen "Rettet die Wale, zerstört das System ...", Girls!
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