laut.de-Biographie
Warheit
"Politik ist einfach sehr wichtig, sie bestimmt unser Leben. Und zu dieser wichtigen Sache haben wir auch ein Statement abzugeben." (Chaker in der Backspin)
Was in der Roots des Hip Hop noch als selbstverständlich galt, ist zu Beginn des neuen Jahrtausends zumindest in der deutschen Szene zu einer Rarität geworden: Musik als Mittel der Gesellschaftskritik, Rap als Sprachrohr der Unterdrückten. Die Frankfurter Crew Warheit tritt in ihrem Selbstverständnis ein wenig in die Fußstapfen der US-Legenden Niggaz With Attitude, die gemeinsam mit Public Enemy Rap zum Punk der 90er machten.
Ursprünglich wollte Azad, das deutsche Urgestein des Streetrap-Genres, bereits sein zweites Album "Faust Des Nordwestens" "Warheit" nennen. Dass es dann doch zum jetztigen Albentitel kam, hatte nichts mit geographischen Schwächen des Wahlfrankfurters zu tun. Vielmehr wollte Azad damit sein Viertel repräsentieren: Frankfurt Nordweststadt, sozialer Brennpunkt, hoher Migrantenanteil, noch höhere Kriminalitätsrate. Das Compton Westdeutschlands, um bei dem N.W.A.-Vergleich zu bleiben.
Auch die sechs Homies, mit denen er sich 2003 zur Crew Warheit formiert, stammen aus der Mainmetropole: Sezai, Chaker, Jeyz, Lunafrow, Jonesmann und dessen großer Bruder Real Jay. Zum Teil hatte man bereits bei dem Track "Unaufhaltbar" auf Azads Debütalbum "Leben" zusammengarbeitet. Die ursprüngliche Besetzung bricht jedoch schnell wieder auseinander. Real Jay zieht sich wegen persönlicher Probleme aus der Musikszene zurück, Lunafrow steigt aus, weil er sich nicht wohl fühlt, und Goldkehlchen Jonesmann schließlich wandelt lieber auf Solopfaden.
Dennoch kein Grund für das übrig gebliebene Quartett, das Mic ins Korn zu werfen. Auf dem Sampler des frisch gegründeten Azad-Labels Bozzmusic, bei dem alle vier Rapper gesignt sind, gibt es erste Lebenszeichen in Form der Tracks "Kugelhagel" und "Stunde der Wahrheit". Trotzdem benötigt man, auch wegen der personellen Änderungen, drei Anläufe, um ein Album auf den Markt zu bringen: Die Tracks wurden schlicht und ergreifend zu alt. Doch das tut dem Selbstbewusstsein keinen Abbruch. "Warheit ist der Prototyp des Straßenrap. Denn unter allen, die in Deutschland Betonrap machen, kann keiner dieses essenzielle Gefühl auf Straßenebene so vermitteln, wie wir das tun" proklamiert Azad in der Backspin.
Im Juni 2007 schließlich kommt "Betonklassik" auf den Markt, und das Album erhält erstaunlich viel Aufmerksamkeit. Die Crew erhält die Titelseite der führenden Rapmagazine Backspin und Juice, die Platte steigt auf Platz 47 in die Charts ein. Für Straßenrap typisch wird die musikalische Seite in Form von Hooklines und melodischen Beats bewusst klein gehalten, statt dessen werden viele Scratchsamples benutzt. Als Produzenten werden neben Bozzmusikant Sti auch Blanco, M3 & Noyd sowie die aufstrebenden Beatbastler phreQuinzy und Shuko angeheuert.
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