laut.de-Biographie
Zeal & Ardor
Was wäre, wenn Amerikas Sklaven statt im Gottesglauben ihrer Missionare und Ausbeuter Beistand zu suchen, sich gegen genau diesen aufgelehnt hätten? Sich dessen Gegenentwurf zugewandt hätten? Und dem norwegischen Black Metal entsprechend ihre Songs voller satanischer Botschaften gepackt hätten?
Genau diesem Gedankenkonstrukt und Weltentwurf verschreibt sich Zeal & Ardor, Kopfgeburt des schweiz-amerikanischen Musikers Manuel Gagneux. Unter dem Künstlernamen Birdmask macht Gagneux musikalische Experimente irgendwo zwischen Electronic, Alternative, Indie, Pop und Folk. Für Zeal & Ardor mischt er – neben den oben genannten – afroamerikanische Einflüsse von Blues über Work Songs bis hin zu latenten Hip Hop-Tendenzen mit flirrenden Extrem-Metal-Gitarren – die zwar eher im Hintergrund wabern, nichtsdestotrotz den Sound aber entscheidend prägen.
Screams finden sich ebenso wie Okkultbeschwörungen und Gruppen-Chants. Und statt in den Lyrics erlösende Gospel-Botschaften zu predigen, bringt er Satan lieber kleine Jungs als Brandopfer dar. Bei der Taufe überlegt er sich dafür die schöne Genrebezeichnung American Slave and Black Metal. "Es ist als würdest du durch das Amerika der Sklaven-Ära wandern und im Wald auf eine Gruppe Strafgefangene treffen, die satanischen Ritualen nachgeht", meint Gagneux. Nur hatten die damals halt noch keine Synthesizer.
Eigentlich als Spaß zum Zeitvertreib "gegründet", findet Gagneux den Ehrgeiz mehr aus Zeal & Ardor zu machen. So entsteht das neun Songs umfassende Debüt "Devil Is Fine". Das zwar mit seiner knappen halben Stunde Lauflänge recht kurz daherkommt, aber das war bei Slayers "Reign In Blood" schließlich auch nicht anders. Die Reaktionen lassen nicht lange auf sich warten, zeigen sich ziemlich verwirrt und in etwa im selben Maße begeistert. Was zur Hölle macht der Kerl da? Irgendwie genial.
Musikalisches Talent gepaart mit dem Interesse für das Work Song/Spiritual/Prison Chant-Verzeichnis der Musikethnologenfamilie Lomax und Bewunderung für Tom Waits, Portishead, Captain Beefheart und Mr. Bungle nebst Mayhem-Dunstkreis bleibt auch dem renommierten Roadburn Festival nicht verborgen. Die für ihre sorgfältige Kuratierung bekannte niederländische Institution bucht den Zeal & Ardor wenige Monate nachdem "Devil Is Fine" den Szeneuntergrund durchrüttelte für ihre 2017-Ausgabe. Im Zuge dessen schließen sich weitere ausgewählte Shows in ganz Europa an – "Devil Is Fine" erhält ein neuerliches Promo-unterstütztes Releasedate für den hiesigen Markt, was den Zugang abseits von Download- und Streamingportalen deutlich erleichtert.
Als wäre die Extravaganz seiner Musik noch nicht genug, tüftelt Gagneux daran, auch die Livegigs zu einem grenzüberschreitenden Erlebnis zu machen: "Unsere Show soll eine abgefahrene Mischung aus einem Konzert und einem wirklich abgefuckten Theaterstück werden. Nicht nur etwas, das die Leute vorher noch nie gehört, sondern eben auch noch nie gesehen haben. Und es soll sie verängstigen, aber gleichzeitig sollen sie es lieben. Das ist, was ich erreichen will."
1 Kommentar
"Was wäre, wenn Amerikas Sklaven statt im Gottesglauben ihrer Missionare und Ausbeuter Beistand zu suchen, sich gegen genau diesen aufgelehnt hätten? Sich dessen Gegenentwurf zugewandt hätten? Und dem norwegischen Black Metal entsprechend ihre Songs voller satanischer Botschaften gepackt hätten?"
es wäre doch deutlich sinniger und größere auflehnung gewesen bei den alten göttern und riten zu bleiben, während man die traditionen des alten kontinents an die nachkommen weitergibt? dazu müsste man sich auch nicht in christlichen lore einlesen...
aber damit lässt sich wahrscheinlich kein ethno-bm machen...