laut.de-Kritik
15 Original-Spieletracks für alle zu spät Geborenen.
Review von Sascha Oriwall**** COMMODORE 64 BASIC V2 ****
64K RAM SYSTEM 38911 BASIC BYTES FREE
READY.
Ha. Irgendwas hatte er ja, der blaue Bildschirm. Beziehungsweise Fernseher. Den 64er konnte man ja schließlich an jedes handelsübliche TV-Gerät anstöpseln. Und dank der fernsehinternen Lautsprecher kam auch jeder in den Genuss des 64er-Sounds.
Allen zu spät Geborenen beweist jetzt "Input 64", dass die Untermalung eines Computerspiels auch ohne Stereosound in CD-Qualität funktioniert. Vielleicht sogar besser. Dieser rohe 8-bit Monoklang hatte und hat immer noch etwas verdammt Ehrliches. Der Dank geht an das Label L'age d'Or, das mit der Zusammenstellung der 15 Original-Spieletracks dem holprigen Retro-Sound des "Brotkastens" seinen wohlverdienten Platz in der Musikgeschichte einräumt.
Zugegebenermaßen kann auch ich nichts Verfängliches daran entdecken, den Boliden des neuesten Playstation-Autorennspiels zu harten Beats und krachender Rockmusik zu steuern. Manchmal aber erscheinen mir die Zusammenstellungen auf den Spiele-Soundtracks als sehr willkürlich. Die Macher der C64-Titelmelodien haben sich da doch mehr Mühe beim Komponieren gegeben. Auch wenn sich der Sound in dem einen oder anderen Spiel danach anhört, als hätte mein damals noch kleinerer Bruder die Heimorgel unseres Nachbarn vergewohltätigt.
Trotzdem gibt es nicht wenige, die behaupten, dass die Musik der 64er-Games die Elektronik-Kultur der 90er entscheidend mitgeprägt hat. Das Management von Depeche Mode ließ übrigens verlauten, dass Martin Gore im Anschluss an die letzte Pressekonferenz in Hamburg einen Plattenladen im Schanzenviertel aufsuchte, um sich den "Input 64"-Sampler zu besorgen. Denn auch wenn die Redaktion schon nach dem dritten Lied in Folge leicht schmerzverzerrte Gesichter zieht, haben diese Aufnahmen einen Charme, dem man sich schwer entziehen kann.
Was mit dem SID-Chip (Sound Interface Device) des 64ers alles möglich war, das bewiesen vor allem Jeroen Tel, Peter Liepa und Peter Galway, die es im Laufe ihrer Karriere als SID-Frickler auf mehr als hundert Spiele-Melodien gebracht haben. Deren Highlights wie das Homecomputer-Punk-Stück "Theme From Arkanoid" oder die minimalistischen Themen zu der "Boulder Dash"-Reihe finden sich auf diesem Sampler neben Break-Krachern wie "Music From Turbo Outrun" oder den Synthiepop-Klassikern "Theme From Grand Prix Circuit" und "Theme For Bubble Bobble".
Achtung Nostalgie: Peter Clarke, der Schöpfer letztgenannter Titelmelodie, meinte einmal in einem Interview auf die Frage, ob er sich noch an das Datasetten-System erinnern könne: "Tape rein. LOAD "*,1,1" - auf Play drücken. Und warten und warten und warten ... shoppen gehen, ein Bad nehmen, eine Tasse Kaffee machen und ... aah, es ist geladen!"
"Input 64", wieso eigentlich der Name? Einmal in die Runde geworfen, erinnert sich dann auch einer der Anwesenden dunkel: Da gab es in den 80ern ein 64er-Magazin, dass man auf Tape und später auf Disk erwerben konnte. In dem sogar einmal Smudo von den Fantastischen Vier ein Text-Grafik-Adventure namens "Price Of Peril" veröffentlicht hat ...
Noch ein Schlusswort an alle, die wie ich keinen eigenen 64er hatten:
Es war schon gemein! Er war dick. Pickelig, bebrillt. Und er wurde sonst immer gemieden. Gesellschaftsuntauglich. Aber er hatte das gewisse Etwas. Spätestens das bläuliche Schimmern aus seinem Zimmer ließ uns sowieso nur noch an eines denken ...
LOADING "INPUT 64",8,1
SEARCHING FOR INPUT 64
LOADING
READY.
RUN
2 Kommentare
Total gut!
Alter... im Fließtext noch den Clarke korrekt zitiert, verkackt der Autor im Abgang doch schnell noch die in den 80ern wohl geläufigste aller Heimcomputer-Befehlszeilen. Liegt's am Joch des zu spät Geborenen?
LOAD"BASICWissen",8,1
SEARCHING FOR BASICWissen
?FILE NOT FOUND ERROR
READY.
Der fehlende Bezug des Autors zur Materie zeigt sich aber auch an genügend anderen Stellen im Text, u.a. der Auswahl der vorgestellten Tracks, Nicht-Nennung von prägenden Figuren der Szene wie Hülsbeck oder Matt Gray (z.B. Last Ninja; der bringt i.Ü. selber gerade ne Remix-Box seiner Soundtracks raus... https://soundcloud.com/mattgrayc64/matt-gr… - also schon wieder so'n halbgarer 8Bit-Sound-Hype wie schon Ende des letzten Jahrzehnts?) oder dem fehlenden Unterfüttern eigener Thesen durch nachvollziehbare Beispiele (WIE und WO hat die C64 kulturellen Einfluss auf die elektromusikalische Szene der 90er ausgeübt? Kumuliert z.B. in diesem Zombie Nation-Track, welcher sich die Titelmelodie aus dem Soundtrack zum C64-Spiel Lazy Jones ausleiht: https://www.youtube.com/watch?v=up-Jfe4Y6Vo )
Sind solche Rezis eigentlich redaktionelle Strafarbeiten, die man sich nach schädelspaltenden Trinkgelagen gegenseitig zulost? Genauso leidenschaftslos liest sich m.E. nämlich die obige. Der von mir angeführte Kram hier ist seit IONEN BASISwissen für so ne c64-Samplerrezi. Die Rezi eignet sich vielleicht als interne Disziplinierungsmaßnahme für unverschämte Voluntäre, aber online stellen würde ich sowas nicht.