laut.de-Kritik
Zwischen Galgenhumor und Weltschmerz.
Review von Ulf KubankeAmsterdam Klezmer Band sind die Anvil des Neo-Klezmer. Gestartet als experimentelle Avantgarde halfen sie maßgebend, dem tradierten Genre einen notwendig frischen Anarcho-Wind zu verpassen, ohne seinen essenziellen Shtetl-Kick zu degradieren. Geld und Ruhm fuhren indes andere ein. Mit "Oyoyoy" kommt nach fünf Jahren Pause das erste Lebenszeichen.
Das Album wird wohl nicht den totalen Durchbruch bringen, obwohl handwerklich großartig und musikalisch durchaus souverän. Gleichwohl taugt es kaum dazu, eine Anführerrolle in der Szene zu ergattern. Mittlerweile stehen AKB nur noch als eine Kombo unter vielen. Manche machen es puristischer, andere sind im Crossover radikaler und bringen eine Spur Dreck aus Rock oder Punk mit. Live gelingt den Niederländern solches deutlich besser als auf dieser etwas zu sauberen Platte.
Auf den ersten Blick erscheint alles knorke. Sie drehen die Geschwindigkeit auf, bieten Lyrics zwischen Anekdote, Galgenhumor und einem Quäntchen Weltschmerz. Alles da, was die Richtung ausmacht. Songwriting und melodisches Gespür zeigten sich jedoch schon ausgeprägter und reichen nicht an ihr Überalbum "Zaraza" heran. Die überbordende Leidenschaft jenes Werks wirkt hier oft aufgesetzt, ihr tumultiges Ausflippen inszeniert.
Diese moderierte Pseudo-Ekstase nimmt ihrer Identität die Rauheit und tauscht den roh-virtuosen Charme gegen eine Glätte, die der Scheibe nicht gut tut. Zu anstrengend fürs Formatradio, zu brav gebügelt für den Underground. Besonders schade: Ihr früherer Hang, Klezmer mit einer Art Bebop in Zeitlupe zu verschmelzen ("Vrijdag"), tritt nur noch selten auf. Dabei liegt genau hierin eine der Errungenschaften der Amsterdam Kletzmer Band.
Ein paar Lieder haben dennoch mehr auf der Klarinette als gehobenen Partystoff für Schweinsledertaschen tragende Oberstudienräte. Das gebrochene "Alec's Ascultare" röchelt sich als feiner Klez-Blues ins Herz. "Duality" lockt mit der traurigen Schwere eines Requiems. Der "Single Room" geht mit seinem Bandoneon sogar einen Schritt auf Astor Piazzolla zu. Sie können so verdammt ergreifend sein. Sie müssten es nur konsequent tun.
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