laut.de-Kritik
Hypnotischer Rock am Rande einer Bewusstseinslähmung
Review von Michael SchuhNach dem beachtlichen Debut "Manual" legen Appliance nun mit einem 6-Track-Minialbum zügig nach. Neues Equipment und frische Ideen - mehr brauchte es nicht, um das Trio erneut ins Homestudio zu treiben, das sie, um es vorherzusagen, wieder mit hervorragendem Material verließen.
Insgesamt ist "Six Modular Pieces" noch experimenteller und introvertierter als der Vorgänger ausgefallen. Zäh und verschroben um die Ecke rockend gibt "Ex4" die Richtung der kurzen Reise vor. Das Instrumental wirkt in seiner narkotischen Wiederholung einzelner Fragmente wie eine Bewusstseinslähmung. Dieser Eindruck verhärtet sich über die gesamte Tonträgerlänge; lediglich zwei Songs warten mit Gesang auf.
Einen davon, "Personal Stereo", kann man zwar auch nicht als Partyschunkler bezeichnen, dennoch steht er am ehesten in der Tradition der harmonischen "Manual"-Songs. Den Höhepunkt ihrer Kunst des Hervorrufens imaginärer Bilder erreicht die Band beim siebenminütigen "Derailleur, King Of The Mountain", einem Instrumental-Monstrum gitarrensingender Trägheit.
Ebenso beklemmend das Hörerlebnis, wenn James Brooks bei "Kinski In Helsinki" mit seinem wehmütigen Organ die atmosphärische Dichte der Komposition auf die Spitze treibt und man die Kälte finnischer Wintertage auf jeder Hautpore zu spüren glaubt.
Mit vorliegender Songauswahl verweisen Appliance nicht nur auf ihre Vorliebe für Can'sche Improvisationskünste, sondern untermauern selbstbewusst ihre Vormachtstellung in punkto hypnotischer und zukunftsorientierter Rockmusik. Bleibt ihnen nur noch das Interesse eines breiten Publikums zu wünschen.
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