laut.de-Kritik

Massenkompatibel und doch kompromisslos hart.

Review von

Über mangelnden Erfolg konnten sich Arch Enemy noch nie beschweren. Seit 2014, als Alissa White-Gluz die langjährige Sängerin und heutige Managerin Angela Gossow am Mikrofon ablöste, steigerte die Band um Leader Michael Amott ihre Popularität sogar noch. Die Nummer eins unter den Melodic-Death-Metalbands wird gar als legitimer Nachfolger für Stammhalter wie Iron Maiden oder Judas Priest gehandelt, wenn die irgendwann in Rente gehen sollten.

Das ist vielleicht etwas übertrieben. Doch das international besetzte Quintett zeigt trotz Corona-Zwangspause und der damit verbundenen Schwierigkeiten beim Aufnahmeprozess auch auf dem aktuellen Werk "Deceivers" kaum Schwächen. Das elfte Studio-Album reiht sich nahtlos an die Vorgängeralben "War Eternal" und "Will To Power" ein, ohne ganz an den Glanz von "War Eternal" heranzureichen.

Dennoch ist es immer wieder beeindruckend, wie facettenreich und stilübergreifend Arch Enemy agieren und trotz aller Massenkompatibilität im Metalkontext kompromisslos hart bleiben. Die Härte, die mächtige Stimme von Sängerin White-Gluz und das herausragende Zusammenspiel des Gitarren-Duos Amott/Jeff Loomis machen die Stärke der Band aus. Schon der Einstieg in den neuen Longplayer zeigt, dass sich Arch Enemy von ihrer garstigen Seite zeigen.

"Handshake With Hell" donnert stringent nach vorne los. Rasierklingenscharfe Riffs treffen in der Bridge auf einen überraschen einsetzenden Klargesang von der ansonsten wütend growlenden White-Gluz. Den Wechsel zwischen Growls und Klargesang wagte die Kanadierin bereits auf dem Vorgängerwerk "Will To Power". Dieses Experiment wird wahrscheinlich nicht alle Fans der Band erfreuen, zeigt aber die stimmliche Bandbreite des blauhaarigen Energiebündels. Auf "Deceiver, Deceiver" wird es noch ruppiger. Hier kommen Hardcore- und Punkeinflüsse zum Tragen, die bestens zur wütenden Abrechnung in Amotts Text passen.

In dem druckvollen "In The Eye Of The Storm" drosselt die Band das Tempo, es dominieren die für Arch Enemy typischen hymnischen Marschrhythmen und Stakkato-Gitarren. Thrashig und mit einer einprägsamen Chorus-Melodie geht es bei "The Watcher" weiter, bevor die Power-Ballade "Poisoned Arrow" für ruhigere Momente sorgt. Die Nummer könnte fast schon als Hardrock bezeichnet werden, wären da nicht die biestigen Vocals von Frau White-Gluz.

Damit ja nicht zu viel Gemütlichkeit aufkommt, beschwört das riffig-giftige "Sunset Over The Empire" die Apokalypse herauf. In der Mitte des Songs sind deutliche Slayer-Anleihen zu vernehmen, was das Stück noch fieser wirken lässt. Wenig lieblich ertönt auch "House of Mirrors", dessen Text die klaustrophobischen Lockdown-Erfahrungen von White-Gluz behandelt.

Das epische "Spreading Black Wings" und das heavy rockende "One Last Time" fallen gegenüber den anderen Songs etwas ab. Den Schlusspunkt setzt "Exiled From Earth", das mit seinem mächtigen Refrain, eingestreuten Maiden-Vibes und zwingenden Melodien punktet. Im Herbst kommt die Band auf Europatour. Dann können Arch Enemy den einen oder anderen Song von "Deceivers" auf seine Livetauglichkeit prüfen.

Trackliste

  1. 1. Handshake With Hell
  2. 2. Deceiver, Deceiver
  3. 3. In The Eye Of The Storm
  4. 4. The Watcher
  5. 5. Poisened Arrow
  6. 6. Sunset Over The Empire
  7. 7. House Of Mirrors
  8. 8. Spreading Black Wings
  9. 9. Morning Star
  10. 10. One Last Time
  11. 11. Exiled From Earth

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