laut.de-Kritik
Mangelnde Lernkurve trotz großer Spielfreude.
Review von Alex KlugDie Alten nudeln ihre Klassiker auf unbezahlbaren Tourneen lustlos runter, die Jungen verkaufen bald fünfzig Jahre alten Retortensound mit Dollarzeichen in den Augen an monetär bestens ausgepolsterte Deluxe-Edition-mit-Fanschal-und-Teetassen-Fetischisten jenseits des sechzigsten Lebensjahres. Nein, man muss ja schon sagen: Wer dieser Tage ganz einfach authentische, handgemachte Rockmusik hören will, ist bei Audrey Horne schon bestens aufgehoben.
Mit dem Wissen um die Kaufkraft jener Retro-Rock-Konsumenten gelang es den eher metallisch sozialisierten Norwegern 2013 dann auch, sich ein Stück weit aus ihrer Nische hervorzubuddeln. Statt jedoch die anfänglichen Anleihen aus Prog, Classic Rock, Metal und Post-Grunge auszubauen – und so etwa die zur selben Zeit durch die Auflösung The Mars Voltas in der Musiklandschafft klaffende Lücke auszustopfen – entschieden sich Audrey Horne auf "Youngblood" für den eingängigeren Kurs. Mit vollem Erfolg.
Doch schon mit "Pure Heavy" präsentierte sich die Kuh dann von ihrer ausgemolkenen Seite – nicht umsonst gilt der 2014 nachgeschobene Output als längst vergessen. Nach vier Jahren Wartezeit nur logisch, dass man mit "Blackout" den nächsten Griff ins Klo zu verhindern gedenkt. Mit Erfolg. Denn auf Studioalbum Nummer sechs machen Audrey Horne vieles richtig – aber so gut wie gar nichts anders.
Mit typischem Twin-Gitarren-Genudel unterscheidet sich der hiesige Auftakt nur bedingt vom 2013er "Redemption Blues" – majestätisches Intro und catchy Hauptriff tanzen rhythmisch schon auf verdammt ähnlichen Hochzeiten. Mit gewohnten Thin Lizzy-Reminiszenzen liefert das geborene Poserduo aus Arve Isdal (Enslaved) und Thomas Tofthagen (ex-Sahg) durch die Bank starkes Hardrock-Riffing, das hier mit Zeppelin-Power, dort mit Maiden-Saitenbrüderlichkeit und in rar gesäten Durchschnauf-Momenten sogar Wishbone Ash-Verspieltheit zuschlägt.
Bemerkenswert auch, wie sich etwa die Refrains des Titelsongs oder in "California" von Hördurchlauf zu Hördurchlauf irgendwo zwischen verdammt ausgelutscht und ebenso partytauglich einpendeln. Tracks wie "Rose Alley" zeigen deutlich: Refrains on point, Soli on point, Stimmung on point. Aber eben nicht auf vollen 51 Minuten. Zu sehr ist der seit "Youngblood" etablierte (und teils überinszenierte) Hymnenstil auf "all killer, no filler" aus, als dass hier auf Albumlänge wirklich viel passieren könnte.
Sind die "Youngblood"-Anleihen im Opener noch irgendwie zu verschmerzen, verspürt der vertrautere Hörer angesichts der allgemeinen Kopierfreudigkeit spätestens zu den ersten Takten von "Light Your Way" ein unangenehmes Ziehen in der linken Brust. Da täuschen dann auch die augenzwinkernden Stones-Anspielungen in "Satellite" nicht drüber hinweg.
Für "Youngblood"-Fans ist "Blackout" der optimale Nachfolger, für Anhänger vom Abwechslungsreichtum der goldenen "Le Fol"-Zeiten eine klanggewordene Enttäuschung. Bei allem handwerklich überdurchschnittlichem Geschick verweigern sich Audrey Horne auch weiterhin dem Rückblick in die eigene Diskografie, der doch mehr als genug Raum für intelligente klangliche Synthesen zwischen Hard Rock und Moderne ließe. Doch Audrey Horne setzen lieber aufs Organische. Es sei ihnen gegönnt.
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