laut.de-Biographie
Bernd Begemann
Bernd Begemann ist eine prägende Figur der Hamburger Indie-Szene. Seine ersten Gehversuche erlebt allerdings der Landstrich Ostwestfalen, wo Bernd am 1. November 1962 zur Welt kommt. Ende der 70er hat Begemann seinen ersten Titel inne: Er ist der erste Punk in Bad Salzuflen. Dass dies nicht gerade als Lebensziel genügt, dämmert ihm früh und so zieht er in den 80ern nach Hamburg. Dort gründet er das Soul-Pop-Trio Die Antwort. Viel später werden Protagonisten der Hamburger Schule, als dessen Gründer Begemann weithin gilt, diese Gruppe als deutsche Version der Smiths hochjubeln, mit Begemann als Morrissey/Marr in Personalunion.
Der große Erfolg bleibt jedoch trotz durchaus berechtigter Fragen wie "Was macht Miss Juni im Dezember" (1992) oder politischer Statements der Kategorie "Ich komme um zu kündigen" aus. Nach mehreren Auflösungen und Reunions veröffentlicht die Band fünf Alben.
Seine Solokarriere startet Begemann 1993 mit dem in mühevoller Heimarbeit aufgenommenen Album "Rezession, Baby", das für die damalige Zeit untypisch Elemente aus Folk und Elektronik zusammenführt. Als Studio dient dabei die Küche seiner Mietwohnung in Hamburg-Rothenburgsort.
Jenes Ambiente war auch die Kulisse für die legendäre "Low-Budget Tagsüber-Late-Night-Show" im Norddeutschen Fernsehen. "Bernd im Bademantel" wurde allerdings nach drei Folgen wieder abgesetzt, da der NDR die Zeichen der Zeit nicht erkennt und diese Form von Guerilla-Fernsehen als zu "schäbig" ansieht.
Als herausragend sprachbegabter Entertainer von den Kritikern gefeiert, tourt Bernd Begemann jahrelang durch Clubs und Hallen der Republik. Sein glamouröses Verständnis von Pop und die Lässigkeit seiner Bewegungen lassen ihm die Frauenherzen zufliegen. Männer bewundern seine Anzüge und das gefühlvolle Gitarrenspiel.
Während Tocotronic, Blumfeld, und Die Sterne ernten, was Bernd säte, komponiert und textet der "FC St. Pauli des deutschsprachigen Liedguts" schon für Michel van Dyke, Dieter Thomas Kuhn, Heinz Hoenig, Die Prinzen und Ozeana. Er spielt mit Tobi & das Bo, Teilen der Jeremy Days oder Marion Maerz. Nebenher tritt er auch hin und wieder in Spielfilmen oder Fernsehshows auf, etwa beim "Kanzlerbungalow" des WDR.
Vielseitigkeit ist sein Markenzeichen: Da er sowohl alle Lieder der Shangri Las als auch die Akkorde zu Britneys "Hit Me Baby One More Time" auswendig kennt, stehen immer wieder Leute bei ihm Schlange. Zum Beispiel 2006 Jasmin Wagner, die von ihrem Blümchen-Image weg will. Wie gewünscht serviert Begemann für Wagners Neustart-Album "Die Versuchung" erwachsene und melodieselige Songs, für die er zusammen mit der Band Die Befreiung ungeniert in Rock- und Pop-Sounds der sechziger und siebziger Jahre wildert.
Ein wahres Chamäleon, dieser Hamburger Tausendsassa - und oft scheinbar an zwei (Stil-) Orten gleichzeitig tätig. Der Abwechslungsreichtum seiner Musik profitiert von dieser Arbeitsweise jedenfalls prächtig und macht ihn zum Idol vieler heimischer Künstler, darunter Thees Uhlmann, Boy und Annette Humpe. Der Mannheimer DJ und Produzent Hans Nieswandt charakterisierte die Leistungen des Mannes einmal sehr treffend wie folgt: "Bernd wurde zwar kein richtiger Star, aber etwas Besseres: eine stete Quelle, ein Chronist der geheimen Geschichte des Landes."
Live spielt Bernd immer noch bis zu 100 Konzerte im Jahr. Solo oder seit 2004 mit seiner treuen Begleitband Die Befreiung. Von Anfang an mit dabei an den Drums Achim Erz, Ben Schadow am Bass und Kai Dohrenkamp am Keyboard.
Mit dieser Band veröffentlicht Begemann u.a. die Alben "Wilde Brombeeren" (2011) und "Eine Kurze Liste Mit Forderungen" (2015). Zwischendurch erscheint auch mal ein Soloalbum ("Die Stadt Und Das Mädchen", 2018) oder eine weitere Kollabo mit Dirk Darmstädter ("So Geht Das Jede Nacht", 2010). 2024 folgt wieder einmal ein Album mit Die Befreiung: "Milieu" enthält jede Menge Funk, Pop und Country-Rhythmus.
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