laut.de-Biographie
Black Sabbath
Laut, düster und unheimlich böse klingt die Revolution der Musikwelt, die 1969 von Birmingham ausgeht. Mit Black Sabbath zelebrieren Ozzy Osbourne (Gesang), Tony Iommi (Gitarre), Geezer Butler (Bass) und Bill Ward (Schlagzeug) Heavy Metal in seiner düstersten Ausprägung. Bis zum Bruch des Original-Line Ups Anfang 1979 beeinflusst die Band mit ihren acht Studioalben unzählige Rock- und Metal-Bands späterer Generationen von Metallica bis Marilyn Manson.
Die musikalische Sozialisation der vier Finsterlinge datiert jedoch weiter als 1969 zurück. Bereits Anfang der 60er Jahre jammen die Teenager in lokalen Bands, willens, den Erfolg vier anderer britischer Working Class-Kids nachzuahmen. So covert Osbourne mit The Approach Otis Redding-Songs, während Bill Ward in der Combo The Rest vom Drum-Kit aus ebenfalls erste Gesangsübungen anstellt. Da beide nicht wirklich zufrieden mit dem Ergebnis sind, werden neue Bands gegründet: Osbourne versucht sich mit The Rare Breed an Experimentalrock, den ein gewisser Geezer Butler an der Gitarre (!) vertonen hilft. Ward spielt in der Blues-Combo Mythology und engagiert Tony Iommi. Doch auch diesen Bands ist kein Eintrag ins Musik-Geschichtsbuch vergönnt, und so gründen die vier ehemaligen Konkurrenten Ende '67 zusammen die Band Polka Tulk, denen noch zwei weitere Mitstreiter angehören.
Anfang 1969, man heißt mittlerweile schlicht Earth, wird Iommi von Jethro Tull abgeworben. Der Gitarrist bleibt genau so lange, um von der bereits renommierten Rockband die Bedeutsamkeit von Disziplin und Übung eingebleut zu bekommen und ist aus der kurzen Zeit als Tull-Mitglied auch im Stones-Film "Great Rock'n'Roll Circus" zu sehen. Zurück in Birmingham schnappt er sich seine drei Ex-Mitstreiter und karrt sie in den Proberaum eines Jugendclubs. "Wicked World", der dort entstandene erste richtige Black Sabbath-Song, ist ein fünfzehnminütiger Blues-Jam, der in abgeänderter Version auf der B-Seite der Debüt-Single "Evil Woman" wieder auftaucht. Bereits der zweite Song soll der Band den Namen geben: "Black Sabbath".
Die Idee des Bandnamens darf sich Tony Iommi ans Revers heften. Schräg gegenüber des Sabbath-Proberaums zeigt ein Lichtspielhaus ausschließlich Horrorfilme, was Iommi eines Tages zu der mittlerweile legendären Frage verleitet: "Ist es nicht seltsam, dass Menschen Geld für Horrorfilme ausgeben, um sich zu fürchten? Warum machen wir nicht furchterregende Musik?" Das Ergebnis dieser Eingebung lautet "Black Sabbath", geht auf den gleichnamigen Boris Karloff-Filmklassiker von 1963 zurück und weist den Jungs den Weg hin zum Schockrock.
Noch im selben Jahr zieht es die Band in guter Beatles-Tradition für einige Zeit nach Hamburg, um sich im Ausland erste Live-Sporen zu verdienen. Im Star Club brechen sie sogar den Besucherrekord ihrer Idole. Anschließend reisen sie nach Zürich, wo sie pro Nacht bis zu sieben Sets à 45 Minuten abliefern und ihr Schauer-Konzept der "Black Sabbath"-Nummer ausbauen. In den nächtelangen Live-Jams jener Zeit entstehen bereits Songs der ersten beiden Alben ("N.I.B.", "War Pigs"). Das Debütalbum "Black Sabbath" spielen sie an zwei Tagen in wenigen Takes in London ein. Obwohl Songs der Band nach wie vor nicht im Radio gespielt werden und die Rüpel selbst in London schwer an Auftritte gelangen, bleibt das Album fünf Monate lang in den britischen Charts.
Auch die Staaten zeigen Interesse am neuen britischen Elternschreck. Als jedoch Mitglieder der Charles Manson-Sekte 1969 die schwangere Sharon Tate ermorden, gelten Black Sabbath plötzlich als Handlanger Satans, woraufhin eine US-Tour vorerst verschoben wird. Um nicht Gefahr zu laufen, in einem Atemzug mit mordeslustigen Banden genannt zu werden, wird der Titel für das zweite Album von "Walpurgis" in "War Pigs" abgeändert. Dass es letztendlich als "Paranoid" in die Läden kommt, ist eine Entscheidung der Plattenfirma, die die Band bis heute ärgert. "Was zur Hölle hat ein Typ im Schweinskostüm mit einem Schwert in der Hand mit einem Paranoiden zu tun?", motzte Ozzy noch Jahre später über die Unvereinbarkeit von Titel und Cover. Den Song "Paranoid" schreibt die Band angeblich in fünf Minuten.
In den folgenden Jahren baut die Band mit den Alben "Master Of Reality", "Vol. 4" und "Sabbath Bloody Sabbath" ihren Kultstaus aus, der mittlerweile weltweit um sich greift. Für die Aufnahmen zu "Volume 4" lassen sich die Rocker 1972 im warmen Bel Air, Kalifornien nieder und frönen exzessivem Drogenkonsum. Geezer Butler erinnert sich später: "Wir hatten sechs Millionen Groupies, Kokain und Heroin. Zu dieser Zeit machte es noch Spaß, aber du konntest bereits merken, wie sich jeder von uns veränderte." Ebenfalls überliefert sind die Produktionskosten fürs "Vol. 4"-Album in Höhe von 65.000 Dollar, im Gegensatz zu den Ausgaben für Kokain in Höhe von 75.000 Dollar.
Mitte der 70er Jahre beschwören Management-Probleme, Schreibblockaden und durch Drogenkonsum bedingte Ego-Kämpfe das baldige Ende der Erfolgsstory herauf. Das '75er Werk "Sabotage" beweist zwar mit Abstrichen noch alte Klasse ("Symptom Of The Universe"), doch schon den Folgealben "Technical Ecstasy" und "Never Say Die" können selbst Hardcore-Sabbath-Fans nur noch wenig abgewinnen. Als 1976 die Punk-Bewegung in England losgetreten wird, verschwinden Ozzy und Co. wie alle Vertreter alter Rockschule (Led Zeppelin, Deep Purple) weitgehend aus dem medialen Scheinwerferlicht, was auf die inzwischen labile Gemütsverfassung der vier Bandmitglieder Auswirkungen hat. Dem letzten Ozzy/Sabbath-Album "Never Say Die" spricht die Desillusion schon aus dem stupiden Titel. Als die Band sich auf der anschließenden US-Tour auch noch von der Vorband Van Halen an die Wand spielen lässt, ist es um die alte Sabbath-Konstellation geschehen.
1979 verzieht sich Osbourne mit Gitarrist Randy Rhoads (Es-Quiet Riot), Basser Bob Daisley (Ex-Rainbow) und Drummer Lee Kerslake (Ex-Uriah Heep) ins Studio, um sein Solodebüt aufzunehmen. Iommi holt den früheren Rainbow-Sänger Ronnie James Dio als Ozzy-Ersatz. Was ihnen niemand zutraut, wird zügig Wirklichkeit: Mit den Alben "Heaven And Hell", "Live Evil" und "Mob Rules" geraten Sabbath und Dio in erfolgreiche Fahrwasser zurück. Auch Ex-Sänger Osbourne findet mit seinen Soloalben zu alter Kreativität zurück.
Nach Dios Ausstieg veröffentlichen Black Sabbath 1983 mit "Born Again" ein Album mit Ex-Deep Purple-Sänger Ian Gillian am Mikro. Als Doom-Legende einen Sänger mit Hang zu humoristischen Texten zu verpflichten, erweist sich recht bald als Flop. Die desaströse Album-Tour mit einem für die meisten Hallen zu großen Stage Set dient gar als Inspiration für die große Rock'n'Roll-Satire "This is Spinal Tap". 1989 ist Tony Iommi das einzig verbliebene Original-Sabbath-Mitglied. Mithilfe des Sängers Tony Martin (seit '87 dabei) veröffentlicht er "Headless Cross", an dem auch Queen-Klampfer Brian May und Cozy Powell (Rainbow, Whitesnake) mitwirken. Nachdem Dio 1992 nochmal auf "Dehumanizer" röhren darf, wird Martin für die Alben "Cross Purposes" und "Forbidden" zurück geholt. Letzteres gilt als eines der schwächsten Post-Ozzy-Alben, selbst eine Kollaboration mit Ice-T geht dem Rock-Publikum im Grunge-Zeitalter am blanken Hintern vorbei.
1997 wird der Traum aller Metal-Fans dann Wirklichkeit: Iommi entlässt sämtliche Mitstreiter und holt sich seine alten drei Bandrecken Geezer, Bill und Ozzy zurück an seine Seite. Mit zwei Konzerten in der Hometown Birmingham feiert die Doom-Legende eine umjubelte Live-Rückkehr. Das Spektakel wird auf dem Doppelalbum "Reunion" festgehalten und enthält zwei neue Studiosongs. Dem folgt 2000 zwar ein Best Of-Album, auf ein neues Studioalbum oder gar eine Tournee warten die Fans aber vergeblich. Mit Ozzys Erfolg in der MTV-Soap "The Osbournes" rückt beides zunächst in weite Ferne.
2006 steigt mal wieder Dio ein, der mit den Gründungsmitgliedern Iommi, Butler und Ward Heaven & Hell gründet, benannt nach ihrem ersten Album von 1980. Ihre Tour ist so erfolgreich, dass sie bis Ende 2007 gemeinsam unterwegs sind und neben der Best Of mit drei neuen Liedern "Black Sabbath: The Dio Years" auch den Mitschnitt "Live From Radio City Music Hall 2007" veröffentlichen.
2008 nimmt das Unfassbare schließlich wieder Konturen an: Ozzy ist wieder mit von der Partie, sogar ein neues Studioalbum soll heraus springen. Drei Jahre lang steht diese Ankündigung im luftleeren Raum, ehe die Band mit Produzent Rick Rubin eine Pressekonferenz in Hollywood einberuft und verkündet, dass das Reunion-Album tatsächlich in Arbeit ist.
Endlich, nach mehr als 30 Jahren, ein neues Album der "Sab Four" in Originalbesetzung? Am Ende ist es eben doch zu schön, um wahr zu sein: Weil sich die ergrauten Urväter des Metal (und ihre Anwälte) nicht auf die Vertragsbedingungen einigen können, zieht sich Bill Ward aus dem Projekt zurück. Tony Iommi verliert ohnehin die Lust, mit dem Schlagzeuger weiter zu diskutieren - aus nachvollziehbarem Grund: Bei Iommi wird Anfang 2012 Lymphdrüsenkrebs diagnostiziert.
Der Riffschmied will sich Gevatter Tod aber nicht beugen. Er unterzieht sich einer anstrengenden Behandlung samt Chemotherapie. Die Aufnahmen werden parallel dazu fortgesetzt, aber von Los Angeles ins heimische England verlegt, um Iommis Kräfte zu schonen. Den Platz hinter dem Schlagzeug nimmt Brad Wilk von Rage Against The Machine ein. Und tatsächlich: Im Juni 2013 wird das fertige Album "13" der Musikwelt präsentiert. Zusammen mit Drummer Tommy Clufetos aus Ozzys Soloband geht die Gruppe danach auf Tournee rund um den Globus.
Die Tour-DVD "Live ... Gathered In Their Masses" zeigt die Band in erstaunlich guter Form. Zwar klammert sich Ozzy am Mikrofonständer fest und sein Blick klebt am Teleprompter. Trotzdem ist es eine Freude zu sehen, wie gut das Zusammenspiel zwischen Butler, Iommi und Osbourne noch immer funktioniert.
Zwischen den Auftritten muss sich Iommi weiterhin regelmäßigen Kontrollen und Behandlungen unterziehen. Doch davon will sich der 65-Jährige nicht stoppen lassen, wie eine Aussage über den Moment seiner Krebsdiagnose belegt: "Ich dachte mir nur: Shit, ich will nicht sterben. Ich habe noch einiges Leben in mir!"
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