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laut.de-Biographie

Bleachers

Was tun, wenn beim Touren zu viel Freizeit übrig bleibt? Einfach noch eine Band gründen. Während Pop-Mastermind Jack Antonoff aus New Jersey 2013 seine Band Fun. mit Gitarre und Schlagzeug über die Bühnen der Welt begleitet, schmiedet er nebenbei sein Indierock-Soloprojekt Bleachers. Kaum einer merkt etwas: "Abgesehen von einer kleinen Gruppe von Leuten, von denen die meisten zum engsten Familienkreis gehören, wusste niemand, dass diese Musik überhaupt existierte", erzählt Antonoff in einem MTV-Interview.

Bleachers - Take The Sadness Out Of Saturday Night Aktuelles Album
Bleachers Take The Sadness Out Of Saturday Night
Superproduzent veröffentlicht seine "Boss"-Platte.

Inzwischen wissen viel mehr Leute Bescheid. Angesiedelt in New York liefern Bleachers seit 2014 breit instrumentierten, elektronisch gespickten, nostalgisch in die 80er und 90er verliebten Indierock zwischen Intimität und ganz großer Geste. Verwandte Klänge hört man bei The Killers oder Arcade Fire. Doch das Bleachers-Ziel "wuchtige, wunderschöne Popsongs, die verdammt cool klingen" (Antonoff zum Rolling Stone) zu spielen, entfaltet sich über noch weitreichendere Bezüge.

Als wegweisende Inspiration dient der sehnsüchtig kraftvolle Hymnenrock der New Jersey-Ikone Bruce Springsteen, der auf dem Album "Take The Sadness Out Of Saturday Night" auch als Gast mitsingt. "Es ist viel Springsteen drin", erklärt Antonoff im Gespräch mit Vulture, "Als ich jung war und Bruces Musik hörte, sagte ich zum ersten Mal 'Ich kenne nicht nur die kleinen Wahrzeichen von denen er spricht, sondern ich kenne das Gefühl'. Dadurch empfand ich Stolz für diesen Ort, an dem eine Mischung aus Holt-mich-hier-raus-Melancholie und tiefer Hoffnung herrscht". Groß angelegte Gefühlswelten holen Bleachers auch aus der Filmwelt: 80er-Highschool-Streifen der Regielegende John Hughes wie "Ferris macht blau" und "The Breakfast Club" bieten spannende Themenbezüge hinsichtlich der Schwierigkeiten des Erwachsenwerdens in der modernen Welt.

Alle Bandaktivitäten beginnen bei Jack Antonoff. Das mit mehreren Grammys prämierte Musikgenie begann mit zehn Jahren, eigene Musik zu schreiben, leitete in Highschool-Zeiten die Punkband Outline, spielte neben Fun. viele Jahre in der Indierockband Steel Train und gilt heute als einer der gefragtesten Musikproduzenten – herausragend sind seine Kollaborationen mit Popgrößen wie Taylor Swift, Lana del Rey, Lorde und St. Vincent.

Antonoff sieht sich als leidenschaftlicher Arbeiter, der herausfordernde Fragen aufklären will: "Das Konzept, etwas herauszuarbeiten, zeichnet mich aus", betont der Songwriter gegenüber den Machern des Podcasts Switched on Pop, "Die Dinge, die mich zum Schreiben ziehen, erschrecken mich, erfüllen mich mit Freude oder bringen mich zum Rätseln. Das sind die Dinge, über die man schreiben will, weil man etwas herausfinden will".

Beim Debütalbum "Strange Desire", das im Februar 2014 erscheint, sowie beim Zweitwerk "Gone Now", das im Juli 2017 veröffentlicht wird, arbeitet sich Antonoff vor allem durch das Trauma, das er erlitten hat, als er in der Highschool seine dreizehnjährige Schwester Sarah verlor. Sarah fungiert darin als "Objektiv, durch das ich die Welt sehe", wie der Musiker dem NME erklärt.

Mit dem 2021 erschienen Drittwerk "Take The Sadness Out Of Saturday Night" rückt die Hoffnung in den Vordergrund, die nächste Phase des Lebens zu beginnen. "Das Bild, das ich im Kopf hatte, ist das Klopfen an einer Tür, die man öffnen will und das Hin und Her beim Versuch, mit all deinem Gepäck durchzukommen", erzählt Antonoff dem Magazin American Songwriter, "Du kommst in die Position, in der du etwas Gepäck aus deiner Vergangenheit zurücklassen und etwas davon mitbringen musst".

Rund um den Multiinstrumentalisten, der für Gesang, Gitarre, Keyboards, Synthesizer und Samples verantwortlich ist, versammelt sich ein vertrauter Kreis von Musikern, der bei den Live-Auftritten dabei ist, aber auch immer öfter den Weg auf die Studioalben findet. Für den großen Sound verantwortlich zeigen sich besonders die Schlagzeuger Sean Hutchinson und Mike Riddleberger, die Saxophonisten Evan Smith und Zem Audu, sowie der Bassist Mikey Freedom Hart, die allesamt auch weitere Instrumente spielen.

Bleachers liefern auf vielen Ebenen eine starke Show ab. Mit ihren energiegeladenen Konzerten eifern die Musiker freiheraus Bruce Springsteens E-Street-Band nach und bringen sogar mal Jacks Vater Rick Antonoff auf die Bühne. In der legendären New Jersey-Location Stone Pony spielen sie ein MTV Unplugged. Zum ersten und zum zweiten Album veröffentlicht die Band jeweils eine Version, die nur von Frauen eingesungen wurde – dazu gehören Sia, Carly Rae Jepsen, Mitski oder Julien Baker. Sogar im Kino lässt sich die Gruppe blicken: Im Film "Hello, My Name Is Doris" tritt die Band selbstironisch als "Baby Goya and The Nuclear Winters" in Erscheinung. Zu "Love, Simon" produziert Antonoff den Soundtrack mit vier Bleachers-Songs.

Alles Geschenke für die begeisterte Fan-Gemeinde, die überall nach versteckten Details fahndet. Für sie brachte Antonoff zur "Gone Now"-Tour sogar sein Kinderzimmer mit.

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