laut.de-Kritik

Ist Franz Ferdinand-Gitarrist McCarthy gaga oder dada?

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Nick McCarthy, der Gitarrist von Franz Ferdinand, geht fremd. Gemeinsam mit seinem langjährigen Kumpel Alexander Ragnew, in Toulouse wohnhafter Sänger und Poet, hat er als Box Codax das Album "Only An Orchard Away" aufgenommen. Nach seinem Mitwirken bei Kamerakino tritt McCarthy erneut auf dem Münchner Gomma-Label in Erscheinung. Eine naheliegende Entscheidung, liegt die Musik von Box Codax in ihrem Gestus doch weitaus näher an Gomma, als Franz Ferdinand es jemals sein werden.

Schon das Eröffnungsstück "Pollockshields Girls" kann gewisse Parallelen zum Gomma-Act Leroy Hanghofer nicht leugnen. Hier radebrecht es nuschelnd Nein, nein geht nichts weiter nicht mehr / Keine Musik mehr heute / Nein, keine Musik mehr heute. Der rumpelige Beat, der infantile Melodiebogen sowie die sporadischen, quäkend verzerrten Vocalschnipsel tragen ihren Teil zur Lo-Fi-Ästhetik des Albums bei. Dessen handwerkliche Umsetzung wirkt gewiss schmalspurig und alles andere als sauber produziert. Eher wie alte DIY-Schule. Genau darin liegt wohl auch ihr Anliegen. In einer unaufgeregten Art und Weise gehen Box Codax vor, "Only An Orchard Away" erscheint dabei weder beifallheischend noch aufgesetzt.

Sie schreiben mit spürbarer Freude kompakte Songs, die zwischen den Stühlen sitzen, die sich irgendwo zwischen Folk, New Wave, Pop und Elektronik wohlfühlen. McCarthy und Ragnew streuen hier mal einen Hip Hop-Beat ein oder schrammeln wie in "Dogs To The Beaches" in bester Garage-Manier vor sich hin. Mit einem Faible für Romantik und Nostalgie zaubern sie immer wieder Melodien aus der Tasche, die in schlichter Schönheit ihr Potenzial nicht verhehlen.

Bei "Like A Rock" meint man sogar, Leonard Cohen heraus zu hören; im Hintergrund ein entrücktes Theremin. In den Stücken von Box Codax kommt immer wieder ein spezifischer Humor zum Vorschein, der es einem schwer macht, das Ganze nicht zu mögen. Wobei der Spaß gelegentlich ins Düstere abdriftet oder bisweilen sogar am Rande des Wahnsinns laviert.

Gerade in der Kombination zwischen den simplen Arrangements und dem Gesang liegt die Würze des Albums, seine Anziehungskraft. Dafür sorgen in großem Maße die Texte Ragnews, voller Doppelsinn und Raum zur Interpretation. Bei "I Swam With The Otter" heißt es lakonisch: Hi I'm the B-Boy and I'm driftin' in the dark / And now the moon shines upon the stars / I swam with the otter / Yeah I did it / I swam with the otter and we played in the pool / It was such a perfect day. Meeresrauschen, Plätschern, fertig. In Momenten wie diesen stellt sich die Frage, sind die jetzt gaga oder Dada? Nun, angesichts des akademischen Hintergrunds von McCarthy wohl eher letzteres.

Ein anderes Beispiel gefällig für beißende Ironie? The harder you fall the harder you hit / Hit hit hit hit / A screaming sequel paralysing / Shoot the geek / I hear their shouts / Shoot him in his assets and shoot him in the arm / Whatever you do do with it charm / Especially when dealing with harm. Da muss er dann selbst kurz lachen. Die Gebrüder Ween hätten das auch nicht besser hinbekommen.

Trackliste

  1. 1. Pollockshields Girls
  2. 2. Dogs To The Beaches
  3. 3. I Swam With The Otter
  4. 4. Naked Smile
  5. 5. Like A Rock
  6. 6. Do It With Charm
  7. 7. Rat Boy
  8. 8. Missed Her Kiss
  9. 9. Unemotional Man
  10. 10. The Game
  11. 11. Red Wine In Tunis

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