laut.de-Kritik

Das Bon Iver-Idol im zweiten Karrierehoch.

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Nanu? Dreifacher Grammy-Preisträger, Nummer-1-Hit, seit den 80ern aktiv und Kollaborateur von Bob Dylan, Stevie Nicks, Crosby, Stills & Nash und Bon Iver – und bislang keine Rezension bei uns? Nun: Bruce Hornsby macht es Hörern und Krtikern nicht immer leicht. Seit dem recht poppigen Debüt "The Way It Is" mit dem gleichnamigen Hit hat sich der talentierte Pianist daran gemacht, die amerikanische Musikgeschichte durchzuspielen. Jazz, Bluegrass, Klassik, neuerdings Indie-Rock. In Hornsbys Katalog findet sich von allem etwas und zumindest bei der Kritik stieß die Experimentiererei nicht immer auf offene Ohren. Nicht ohne Grund wurde "Big Swing Face" auch als eines der seltsamsten Alben 2002 betitelt, vom Label RCA kaum beworben und von Hörern wenig gekauft.

In Deutschland hat es Hornsbys Musik ohnehin nicht leicht. Thematisch teilt er sich die Inhalte mit dem sogenannten Heartland Rock, singt vom amerikanischen Lebensstil und den Problemen der dortigen Gesellschaft, was wenig internationalen Appeal versprüht. Einer kürt Hornsby allerdings zu seinem Helden: Justin Vernon von Bon Iver erwähnt den Pianisten immer wieder als Idol. Darüber kommen die beiden Musiker in Kontakt, Hornsby wird auf dem von Vernon mit veranstalteten Eaux Claire Music And Arts Festival einem jüngeren Indie-Publikum bekannt und trifft auf eine neue Generation von Musikern, unter anderem yMusic und The Staves. Plötzlich scheint sich wieder eine große Masse für den Pianisten zu interessieren, was ihn wiederum zu inspirieren scheint: "Absolut Zero" erhält 2019 einige der besten Bewertungen seiner Karriere und bringt Hornsby im Alter von 64 Jahren wieder auf den Plan.

Knapp ein Jahr später streckt Bruce Hornsby nun weiter seine Fühler in Richtung Indie-Hörerschaft aus und sammelt für "Non-Secure Connection" weitere namhafte Vertreter der Szene um sich. James Mercer von The Shins, Jamilia Woods und Rob Moose sind zu hören, Tony Berg, Wayne Pooley, Brad Cook und Vernon haben das Album zusammen mit Hornsby produziert. Berg hat bisher bereits mit Phoebe Bridgers, Andrew Bird und Aimee Mann gearbeitet. Namedropping Ende.

Einfach macht es Hornsby seinen Fans trotzdem nicht. Man muss eine Menge Geduld aufbringen, um dieses Album zu genießen, weil er wieder alles mit einander vermischt. Für aufmerksame Hörer gibt es aber einiges zu entdecken. Das Pianospiel zu Beginn des Openers "Cleopatra Drones" erinnert an den Soundtrack von "Call Me By Your Name", wenn dann der Gesang einsetzt, klingt der Justin Vernon-Einfluss durch, andere Parts, vor allem Hornsbys alleinstehender Gesang stark erinnern an 80er-Pop wie von Phil Collins. Man merkt, dass hier jemand sehr viel Zeit in die Instrumentation investiert hat. Die Basis ist meist recht minimalistisches Klavierspiel, über dem sich dann die anderen Instrumente ausbreiten. Es geht hier weniger um komplexe Melodien, sondern um liebevolle Arrangements und Harmonie, ganz ähnlich wie bei Bon Iver.

Stellenweise verlässt Hornsby, der auf dem Album auch Sitar und Chamberlin spielt, den Bereich des Wohklangs und gibt sich düstereren und bedrückenden Sounds hin, etwa im Titeltrack oder "Shit's Crazy Out There", der sich in einen schönen Klimax schaukelt. "Porn Hour" klingt wie ein Ausschnitt aus einem der Moderne gegenüber kritisch eingestellten Musical, im Refrain heißt es: "We salute the industry of the San Fernando Valley / We got everything we want with a mouse click / Because of the mighty porn flick Innovation of the Internet / Was driven by a couple on a film set / We thank the hard boys and the naked girls / For the coming of our beautiful cyber world". Ohnehin klingen die Songs oft nach Theater und evozieren mit ihren ausgedehnten Erzählungen Musical-Aufführungen.

Die eher betrüblichen Stücke gelingen ihm zwar sehr gut, am besten beherrscht der Amerikaner aber doch das Poppig-Schöne, wie etwa "Anything Can Happen" beweist. Der Track beinhaltet alte Aufnahmen des verstorbenen Leon Russell. Das klingt erbaulich und liefert den eingängigsten Refrain des Albums. Ebenso toll ist die Zusammenarbeit mit Mercer, "My Resolve". Ein treibender Indie-Rock-Song, der den perfekten Backdrop für den gefühl- und druckvollen Gesang des The Shins-Anführers bietet. "No Limits" beschließt die Platte mit ziemlich dynamischem 80er-Pop, über den Hornsby mit seinem stockenden Gesang davon erzählt, beflügelt zu sein und genau so klingt er in den zehn Songs. Ein anspruchsvolles, vielseitiges Album ist "Non-Secure Connection", aber auch eines reich an wunderbaren Momenten, ansprechenden Gast-Auftritten und mit einem beflügeltem Künstler im Zentrum.

Trackliste

  1. 1. Cleopatra Drones
  2. 2. Time, The Thief
  3. 3. Non-Secure Connection
  4. 4. The Rat King feat. Rob Moose
  5. 5. My Resolve feat. James Mercer
  6. 6. Bright Star Cast feat. Jamilia Woods & Vernon Reid
  7. 7. Shit's Crazy Out There
  8. 8. Anything Can Happen feat. Leon Russell
  9. 9. Porn Hour
  10. 10. No Limits

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