laut.de-Biographie
Phoebe Bridgers
Einen gewissen Bekanntheitsgrad erreicht Phoebe Bridgers, noch bevor sie ihr erstes Album herausbringt - als Werbebotschafterin für Apple. 2014 singt sie eine sanfte Coverversion von "Gigantic" der Pixies. Ein Jahr später ist sie selbst vor die Kamera zu sehen. Aufträge, die ihr die Möglichkeit geben, die Aufnahmen zu ihrem ersten Album zu finanzieren. "Mit fünf Arbeitstagen im Jahr war die Miete bezahlt und ich konnte mich auf die Songs konzentrieren, als wäre es ein Job", erklärt sie.
1994 in Los Angeles geboren, greift sie schon früh zur Gitarre. Als Teenager spielt sie in der Frauen-Punk-Band Sloppy Jane, doch ist sie auch an einer traditionellen Spielweise interessiert und nimmt Stunden im Folk Music Center in Claremont, das seit Generationen von Ben Harpers Familie betrieben wird. Ihre Singstimme verfeinert sie währenddessen an einer Kunstschule. Nicht nur dort fühlt sie sich wie eine Außenseiterin. "Jeden Tag singen zu müssen, ist das Beste, was man für seine Stimme tun kann. Wenn ich auf Tournee bin und jeden verdammten Abend singe, geht es mir gut, seltsamerweise", erklärt sie. "Ich verwandle mich in den Terminator. Ein Zombie, der singen kann, aber nicht in der Gesellschaft funktioniert."
Eine Unangepasstheit, mit der sie sich in der Emo-Folk-Szene schnell einen Namen macht. Nach Abschluss ihrer Schullaufbahn bewirbt sie sich am renommierten Berklee College of Music in Boston, bevorzugt es aber schließlich, in Los Angeles zu bleiben und mit Sloppy Jane sowie solo aufzutreten. Der Band gelingt der Durchbruch nicht, immerhin erhält Bridgers aber Aufträge aus der Werbeindustrie.
2014 nimmt Bridgers die EP "Killers" auf, unter der Führung von Ryan Adams, mit dem sie kurzzeitig auch liiert ist. 2019 ist sie eine von sieben Frauen, die Adams beschuldigen, sie emotional unter Druck gesetzt und verfolgt zu haben. Ihre Gefühle schreibt sie im Lied "Motion Sickness" nieder, das auf ihrem ersten Album erscheint.
Den Titel des Werks schnappt sie in der TV-Version von "The Big Lebowski" auf. Aus "Do you see what happens when you fuck a stranger in the ass?" wird erst "Do you see what happens when you find a stranger in the Alps?" und schließlich "Stranger In The Alps". Für das fertige Album interessiert sich das Label Dead Oceans, das es 2017 auf den Markt bringt. Doch da hat Bridgers' Karriere schon an Fahrt aufgenommen. Eines ihrer Vorbilder, Conor Oberst, besucht 2016 eines ihrer Konzerte. "Als sie anfing zu singen, dachte ich, sie sei eine alte Freundin", so der Chef von Bright Eyes. 2019 veröffentlichen sie unter dem Namen Better Oblivion Community Center ein gemeinsames Album.
Auf "Stranger In The Alps" legt Bridgers ihr Seelenleben offen, was ihr sofort Vergleiche mit Joni Mitchell einbringt. Dabei vermeidet sie Plattitüden und schreibt verstörende, unter die Haut gehende Texte. Das bekanntesten Stück "Funeral" handelt von einem Schulfreund, der an einer Überdosis gestorben ist. Ein Schicksal, das zumindest ihr songschreibendes Ich fast wiederholt: "And last night I blacked out in my car / And I woke up in my childhood bed / Wishing I was someone else, feeling sorry for myself / When I remembered someone's kid is dead".
"Sie ist eine ganz Große", twittert John Mayer begeistert. Es folgen Jahre on the road, das Nebenprojekt Boygenius mit den Sängerinnen Julien Baker und Lucy Dacus (2018 veröffentlichen sie eine gleichnamige EP) und eine Zusammenarbeit mit Sänger Matt Berninger und seinen The National. "Phoebe schreibt so wunderbar über Langeweile und Trauer. Manchmal gelingt es ihr, diese Gefühle aufregend und schön erscheinen zu lassen", beschreibt er das Wesen ihrer Musik.
Die Aufnahmen zu Bridgers zweitem Album finden wie beim ersten mit LA-Produzent Tony Berg statt. "Punisher" erscheint während der ersten Coronawelle im Juni 2020. Ihr allgemeines Lebensgefühl ändert auch die Pandemie nicht. "Würde ich jeden Morgen nach dem Aufwachen über die Wirklichkeit nachdenken, wäre ich völlig niedergeschmettert", erklärt sie. "Ich stelle mir deshalb vor, in einem Film zu leben."
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